Wo in den Schulen viel Geld versickert

Klassenzimmer
Bildungsexperten listen Beispiele von sinnloser Bürokratie und Verschwendung auf.

Bei unserem Schulsystem brennt seit Jahren das Dach. Nur mit Mühe konnte Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek eine Pleite abwenden, weil sie tatsächlich kein Geld mehr hat, um die Mieten für die Schulen an die bundeseigene Immobiliengesellschaft (BIG) überweisen zu können. In einem Jahr wird der Betrag bei der BIG fällig – samt Zinsen. "Die BIG verdient an den Schulen", kritisiert der Grüne Bildungssprecher Harald Walser zu Recht. Gibt Österreich eigentlich zu viel Geld für die Bildung aus oder versickern wesentliche Teile des Bildungsbudgets innerhalb des Systems? Wo gibt es tatsächlich Einsparungsmöglichkeiten, wie kann das Geld deutlich effizienter eingesetzt werden? Der KURIER hat sich das Budget für die Schulbildungsausgaben angesehen und bei Direktoren nachgefragt, wo sie Änderungsbedarf sehen.

1. Schulautonomie Die Vorgaben für die Schulen werden immer strenger. Das gilt nicht nur für den Lehrplan, der durch Zentralmatura und Bildungsstandards immer weniger Freiräume lässt. Auch bei den Finanzen wird den Direktoren genau auf die Finger geschaut.

Das zeigt sich schon im Kleinen: 2,45 Euro sind z. B. für Briefmarken zu begleichen – ein Betrag, der nicht aus der Portokasse gezahlt werden darf. Nein. Die Rechnung muss zuerst ins Schulsekretariat. Dort wird nachgefragt, ob die Ausgabe auch nötig war. Danach geht die Rechnung an den Direktor. Der unterschreibt, worauf die Rechnung an die Buchhaltungsagentur geht. Der Verwaltungsaufwand ist beträchtlich: 13 bis 17 Euro kostet die Buchung durch das viele Hin und Her am Ende.

Auch die Anschaffung eines Druckers kann zur Odyssee werden. Der muss über die Bundesbeschaffungsgesellschaft gekauft werden. Gibt es das Gerät beim Diskonter billiger, muss der Direktor ein Formular ausfüllen: Das § 4-Verfahren tritt in Kraft. Conclusio: Würde man Schulen das kleine Budget selbst verwalten lassen, käme es billiger – da 90 Prozent Fixkosten sind, ist der von der Schule frei zu vergebende Betrag gering.

2. Zentrales Schulstandort-Management Immer wieder kritisiert der Rechnungshof die vielen Kleinstschulen, die das Budget belasten – meist Pflichtschulen. Auf Druck von Bürgermeistern werden aber auch HTL gegründet – auch in Regionen mit stark sinkender Schülerzahlen. Wie die Planungen des Ministeriums für Bundesschulen zu umgehen sind, wissen gewiefte Lokalpolitiker. Sie verhandeln mit dem Landesschulrat Dislozierungen. So hat die HTL Graz Außenstellen in Deutschlandsberg, Radkersburg und Voitsberg. Ähnliches gibt es auch jenseits der Landesgrenze, im Burgenland: Fürstenfeld ist eine Dependance von Weiz.

3. Zuständigkeiten bündeln Pflichtschulen sind Landessache, deren Gebäude werden von der Gemeinde finanziert, höhere Schulen sind dagegen Bundessache. Das erschwert die gemeinsame Nutzung von Einrichtungen wie Bibliotheken oder Sportplätzen ungemein. Harald Walser, einst AHS-Direktor in Vorarlberg, erinnert sich, dass es unmöglich war, gemeinsam mit einer Hauptschule eine Kantine zu nutzen.

Heidi Schrodt, Ex-Direktorin der AHS Rahlgasse, kennt ein weiteres Kuriosum: "Ein Teil des Schulhauses wurde von der Stadt verwaltet, ein anderer von der BIG. Als das Haus umgebaut wurde, wurde alles doppelt geplant. Es gab zwei Architekten. Jetzt gibt es einen modernen und einen historistisch anmuteten Teil."

Wäre die Schulverwaltung aus einer Hand – z. B. dem Bund – , würde man sicher Millionen einsparen können. Der Grüne Bildungssprecher Walser will noch mehr: "Eine gemeinsame Schule, in der man auch die Sonderschulen – die teuerste aller Schulen – miteinbezieht, ist garantiert billiger."

4. Unterrichten statt verwalten Laut Statistik unterrichtet eine Volksschullehrerin 14 Schüler. Viele Pädagoginnen wären glücklich, wenn sie solch kleine Klassen hätten. Das Problem: Direktorinnen werden in die Statistik einberechnet. Den Großteil ihrer Arbeitszeit verwenden diese aber für die Verwaltung. Eine Arbeit, die Sekretärinnen meist billiger und wohl auch besser machen würden. Neue Computerprogramme machen die Sache nicht leichter, wie Wiener Schulleiter wissen. Dort wurde für rund zehn Millionen Euro das Programm Wision eingeführt. Der Ärger über das bedienerfeindliche Programm ist riesig.

Auch viele Professoren arbeiten in der Verwaltung, z. B. als Kustoden für Geografie oder Musik. Das könnte auch eine Sekretärin machen. Die EDV wird meist von Professoren betreut – HTL-Absolventen machen die Arbeit oft günstiger.

5. Personalplanung Derzeit unterrichten besonders viele alte Lehrer, was die Personalkosten in die Höhe treibt. In einigen Jahren gibt es einen Generationswechsel. Danach werden dann wieder über Jahre kaum Lehrer eingestellt. Wer Lehrer werden darf, entscheidet also nicht die pädagogische Qualität, sondern das Geburtsdatum. Gäbe es eine Planung, könnte man eine bessere Auswahl treffen – auch das würde das Schulsystem effizienter machen.

Bildungsausgaben

Der größte Teil der Kosten entfällt freilich für die Gehälter der 126.000 Lehrer. Diese Kosten machten 2012 rund 4,044 Milliarden Euro aus. Für Aufwendungen wie Schulbücher (107,1 Mio. €), Schüler- und Lehrlingsfreifahrten (391 Mio. €), und Mietaufwendungen an die BIG für Schulgebäude kamen auf 485,9 Mio. €. Dazu kommen Zahlungen an private Haushalte wie Studienförderungen, Stipendien, Schul- und Fahrtbeihilfen etc. in Höhe von 773,2 Millionen Euro. Für Kinderbetreuung wurden rund 654,1 Millionen Euro bezahlt.

Wo in den Schulen viel Geld versickert

Kommentare