VfGH-Urteil: Das Ende der Hochrechnungen?

Innenminister Sobotka (ÖVP): Ergebnis erst am Montag
Der Innenminister wird die Entscheidung des VfGH bereits bei der Stichwahl umsetzen. Die Öffentlichkeit könnte in Zukunft an Wahltagen ohne Ergebnisse dastehen.

Das Innenministerium wird gemäß dem Spruch des VfGH bei der Wiederholung der Hofburg-Stichwahl bis zum Wahlschluss 17 Uhr am Wahlsonntag keinerlei Zahlen zur Verfügung stellen. Ob danach Daten für die Erstellung von Hochrechnungen freigegeben werden, ist noch nicht entschieden, hieß es auf Anfrage der APA.

Der Innenminister selbst wird als Leiter der Bundeswahlbehörde jedenfalls erst ein Endergebnis verkünden, wenn sämtliche Stimmen inklusive Briefwahl ausgezählt sind. Das wird im Laufe des Montagnachmittag oder Abend sein.

Das könnte bedeuten, dass die Fernseh- und Online-Berichterstatter am Wahltag nicht mehr über Ergebnisse berichten können. Auch Printmedien stünden am Tag nach der Wahl ohne belastbare Zahlen da.

Gelebte mediale Praxis

Die Verfassungsrichter hatten ja als einen der Gründe für die Aufhebung der Wahl genannt, dass schon vor Wahlschluss Ergebnisse an die Öffentlichkeit gelangen konnten, da das Ministerium Einzel-Ergebnisse vor allem für die Erstellung von Hochrechnungen an ausgewählte Stellen (wie zum Beispiel die Austria Presse Agentur) weitergeben hat. Diese wurden freilich nur mit Sperrfrist veröffentlicht.

Dass dies seit gut 20 Jahren gelebte Praxis ist, merkte am Freitag auch Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) an. Den Höchstrichtern war offenbar bisher nicht bekannt, dass Hochrechnungen zu Wahlschluss auf Basis solcher Zahlen erstellt werden, oder sie nahmen sich dieser Frage bis heute nicht an, weil sie sich ihnen bis dato nicht stellte.

SORA sieht Entscheidung gelassen

Beim SORA-Institut, das für die ORF-Hochrechnungen verantwortlich zeichnet, sieht man die Entscheidung des VfGH bezüglich Weitergabe von Resultaten "gelassen". Allerdings fände es Christoph Hofinger "gut, wenn alle Hochrechner um 16.30 Daten bekommen. Das beeinflusst die Wahl nicht", dafür wäre die erste Hochrechnung präziser, was letztlich auch wichtig sei für das Vertrauen in die Demokratie, sagte er im APA-Gespräch.

"Wenn das Innenministerium das streng umsetzt, wird es um 17.00 Uhr keine Hochrechnungen mehr geben können", meint Hofinger zur Vorgabe des Verfassungsgerichtshofs, keine Ergebnisse vor Wahlschluss herauszugeben. Für SORA sei dies kein Problem - "dann rechnen wir halt um fünf." Man verfüge über ausreichend Know-how und Modelle, dann "relativ rasch" die erste Hochrechnung vorzulegen.

Allerdings: Je gründlicher - also länger - man die vorliegenden Zahlen analysieren könne, desto präziser falle die Hochrechnung aus. SORA habe "sehr hohe Genauigkeitserwartungen aufgebaut und erfüllt", und die Zuschauer bzw. Wähler rechneten damit. Zudem würden bei einem so knappen Zeitrahmen unterschiedliche Hochrechnungen deutlicher divergieren.

Je früher, desto besser für Qualität

"Die genauen Hochrechnungen sind halt auch ein Puzzlestein des Vertrauens", argumentiert Hofinger. Daher plädiert er dafür, "einen Weg zu finden, dass die österreichische Öffentlichkeit um 17.00 Uhr eine Hochrechnung hat von Hochrechnern, die schon ein bisschen Zeit hatten." Hofinger verweist aber auch auf den Nutzen von Ergebnissen und Hochrechnungen vor Wahlschluss für Medien. Je länger die Redaktionen Zeit hätten, sich auf den Wahlausgang einzustellen, desto besser sei das für die Qualität der Berichterstattung.

Und schließlich fragt sich Hofinger auch noch: "Werden manche Druck auf Wahlbeisitzer machen?" Denn denen sei es gestattet, "nach der Zählung anzurufen, wen sie wollen".

Exit Poll keine Alternative

Exit Polls hält Hofinger für keine wahrscheinliche Alternative. "Eine Exit-Poll, die die Genauigkeitserwartungen erfüllt, kostet eine Viertelmillion Euro" und wäre ein "Riesenprojekt, bei dem um die 20.000 Leute vor Wahllokalen befragt werden müssten". Diesen "enormen Aufwand" werde sich in Österreich aber niemand antun. Denn immerhin lägen hierzulande mit 17.00 Uhr viel mehr Ergebnisse vor als in Ländern mit einheitlichem Wahlschluss wie etwa Deutschland.

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