Abschied von grüner Grande Dame

Abschied von grüner Grande Dame
Freda Meissner-Blau, Mitbegründerin der österreichischen Grünen, ist 88-jährig gestorben.

Ihr Name wird in Österreich untrennbar verbunden bleiben mit dem Einzug der Grünen ins Parlament. Für sie selbst war die Geburtsstunde der Öko-Partei nur ein kleiner Ausschnitt eines beeindruckenden und beeindruckend ausgefüllten Lebens.

Freda Meissner-Blau wurde am 11. März 1927 als Tochter einer altösterreichischen Offiziers- und Industriellenfamilie in Dresden geboren. Die Schreckensherrschaft des Hitler-Regimes und die Bombardierung der Stadt im Zweiten Weltkrieg durch die Alliierten, die sie als 18-Jährige miterlebte, machten sie früh zu einer Aktivistin in der Friedensbewegung.

So wie den Grundsatz des Pazifismus konnte sie auch anderen politische Leitlinien, die sie vertrat, glaubwürdig aus ihrer ganz persönlichen Geschichte ableiten.

Abkehr von Atom

In Frankreich, wo sie sowohl mit ihrem ersten Mann Georges de Pawloff wie auch in zweiter Ehe mit Paul Blau lebte, arbeitete sie für die Atomindustrie. Ihre Befürwortung der nuklearen Energie kippte, als sie eines Tages beim Übersetzen von Verträgen auf eine Grundsatzfrage stieß: Was passiert eigentlich mit dem Atom-Müll? Die Antwort ließ sie zur erklärten Atom-Gegnerin werden.

Der Konflikt um das geplante Kraftwerk in der Hainburger Au führte zum Bruch mit den Sozialdemokraten – und machte Meissner-Blau zu einer der Galionsfiguren der Umweltbewegung, als 1984 die Au besetzt wurde.

Premiere im Parlament

Dass die damaligen grünen Splittergruppen zwei Jahre später gemeinsam bei der Nationalratswahl antraten, gilt auch als ihr Verdienst. Die "Liste Meissner-Blau" schaffte 4,8 Prozent, den Einzug ins Hohe Haus und acht Mandate. Meissner-Blau, die erste grüne Parteichefin, wurde auch die erste grüne Klubobfrau – und die erste Frau in dieser Position im Parlament überhaupt.

Nach ihrem – überraschenden – Rückzug aus dem Parlament zwei Jahre später meldete sich Meissner-Blau bis zuletzt regelmäßig zur heimischen Politik im Allgemeinen und den Grünen im Speziellen zu Wort. Allerdings wohl dosiert und – anders als manche andere (grüne) Alt-Politiker – nie Gefahr laufend, von der "Elder Stateswoman" zum "Balkon-Muppet" zu werden.

Eine große Erzählerin

Wiewohl die grüne Grande Dame kritische Worte für ihre Nachfolger fand: Alexander Van der Bellen musste Kritik einstecken für seine Abkehr von "urgrünen Themen". Vor der Nationalratswahl 2013 offenbarte sie dem Standard, sie hätte "wahnsinnig gerne wie immer die Grünen gewählt". Aber "seit Salzburg", wo eine Koalition mit der ÖVP und dem Team Stronach gebildet wurde, "fällt mir das sehr schwer – ich kann nicht mehr".

Wer das Glück hatte, Freda Meissner-Blau in kleiner Runde zuhören zu dürfen, konnte ihr hohes Alter leicht vergessen – so wie sie selbst: Sie müsse sich, erzählte sie dem KURIER im Vorjahr, "immer zur Ordnung rufen und sagen: ,Du bist eine Greisin, meine Liebe.‘"

Meissner-Blau konnte fesselnd erzählen: Von ihrer Zeit in Belgisch-Kongo in den 50ern; von der Zeit in Paris Ende der 60er; und natürlich von den grünen Anfängen.

Zum Beispiel, wie am Wahlabend der Bundespräsidentenwahl ’86 ein Mitarbeiter Kurt Waldheims beiläufig fallen ließ, sie solle sich nichts daraus machen, dass sie nur 5,5 Prozent erhalten habe – bei einer Nationalratswahl hätten die immerhin fürs Parlament gereicht. Das, erzählte Meissner-Blau Jahre später gerne, habe sie zum Nachdenken gebracht – und vom Antreten im Herbst desselben Jahres überzeugt.

"Freda war uns bis zuletzt eine aufmerksame und kritische Wegbegleiterin", sagte Grünen-Chefin Eva Glawischnig in ihrer Würdigung am Mittwoch.

In einem Text ihrer drei Kinder Ted, Nicolas und Aleksandra heißt es: "So kämpferisch sie war, so liebevoll und sanft ist sie gegangen."

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