"Anfang vom Ende"

Zur Feier des Sieges die Nationalhymne: Die Oppposition feiert die Niederlage des Regimes
Der Triumph der Opposition bei den Wahlen läutet Ende der Chavez-Ära ein.

Draußen auf den Straßen machte man gerade lautstark die Nacht zum Tag, zündete Böller, Raketen und skandierte alle nur erdenklichen Parolen mit "Freiheit", "Demokratie" und "Wende". Drinnen im Präsidentenpalast dagegen wurde ein sonst lärmender Polterer auffallend leise. Er akzeptiere die schwere Niederlage, erklärt Venezuelas Präsident Nicolas Maduro, so wie man eben immer die Stimme des Volkes akzeptiert habe.

Tropischer Sozialismus

Diese Stimme hat der seit 17 Jahren regierenden sozialistischen Partei tatsächlich eine mehr als deutliche Botschaft geschickt. 99 der 167 Mandate im Parlament Venezuelas gehen an das Oppositionsbündnis MUD, in dem sich die lange unversöhnlich verfeindeten Konservativen und Sozialdemokraten auf eine gemeinsame politische Linie geeinigt haben. Diese lautet schlicht: Schluss mit dem Chavismus, der vom 2013 verstorbenen Präsidenten Hugo Chavez ins Leben gerufenen Spielart des Sozialismus. Der ehemalige Luftwaffenoffizier Chavez hatte das ölreiche, aber unterentwickelte, völlig von den USA und deren Investoren abhängige Land völlig umgekrempelt. Ausländische Firmen wurden enteignet, heimische Unternehmen wurden verstaatlicht, oder kamen unter strengste Kontrolle von Chaves und seinen Vertrauten. Der Ölreichtum finanzierte spielend großzügige Sozialprogramme, die Chavez’ Sozialisten in den Armenvierteln verlässlich die Stimmen sicherten.

Doch der tropische Sozialismus, der sich am kommunistischen Kuba der Castros orientiert, funktioniert schlechter und schlechter. Der Kollaps des Ölpreises macht die Sozialprogramme unfinanzierbar. Industrie und Landwirtschaft sind in den Händen der Günstlinge des Regimes so heruntergewirtschaftet, dass das Land fast zur Gänze von importierten Lebensmitteln abhängig ist. Nicht einmal ausreichend Benzin kann der Erdölriese Venezuela selbst herstellen. Die Inflation ist mit 200 Prozent die höchste weltweit.

Mit dem Tod des charismatischen Chavez verlor das Regime auch seine Führungsfigur. Nachfolger Nicolas Maduro ist nicht nur ein schlechter Redner, der einstige Busfahrer hat sich auch als schlechter Manager erwiesen.

"Wirtschaftskrieg ist schuld"

Doch den elenden Zustand des Landes, der die Ärmsten – ungeachtet aller sozialistischer Parolen – härter denn je trifft, will Maduro nicht verursacht haben. Für den, meint er in seiner Rede, sei nicht näher definierter "Wirtschaftskrieg und Terror" gegen Venezuela verantwortlich. Nicht die Opposition habe gewonnen, sondern die "Konterrevolution" , und die werde jetzt eine gnadenlose Offensive starten, um den Sozialismus zu Fall zu bringen. Die Venezolaner, verfiel der Staatschef in gewohnte Parolen, müssten Geschichte schreiben, die Revolution erneuern.

Geschichte schreiben aber will auch das Oppositionsbündnis: "Der Wandel in Venezuela hat heute begonnen", triumphierte ein Vertreter, der "Anfang vom Ende" des Systems Chavez sei gekommen.

So weit ist es trotz des Sieges bei den Parlamentswahlen noch nicht. Chavez hat das Präsidentenamt mit umfassender politischer Macht ausgestattet. Auch mit einer klaren Mehrheit für die Opposition kann das Parlament den Staatschef nur bremsen. Auch die Versuche, mithilfe der Justiz gegen die Korruption in der Führung vorzugehen, kann dieser sehr rasch und per Veto stoppen. Trotzdem ist man bei der Opposition überzeugt, dass Maduro wankt: "Diese Führung ist schwach. Der politische Übergang kann beginnen."

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