Wie der IS den Terror durch Kunstraub finanziert

Mit dem illegalen Verkauf unermesslich wertvoller antiker Kunstschätze macht die Terrormiliz Millionengeschäfte.

Statt jahrtausendealte Statuen in die Luft zu sprengen, lässt sich mit ihnen gutes Geld verdienen: 27 Millionen Euro lukrierten die Terrormilizen des "Islamischen Staates" (IS) allein nach ihren Raubzügen durch die antiken Stätten nahe der syrischen Stadt Al Nabuk. Den radikal-islamischen Kämpfern waren teils über 8000 Jahre alte Kunstschätze in die Hände gefallen – zu wertvoll, um die aus ihrer Sicht "unislamischen" Darstellung zu zerstören. Festgehalten und penibel genau aufgelistet wurden die Gewinne durch den Kunstraub von Al Nabuk auf Dutzenden USB-Sticks des IS, die dem irakischen Militär in die Hände gefallen sind.Auf dem weltweiten, illegalen Kunstmarkt lassen sich mit den antiken Skulpturen, Steinen und Reliefs Vermögen verdienen. Qais Hussein Rashied, Direktor des National-Museums in Bagdad, bestätigt, dass der IS "über Mittelsmänner damit begonnen hat, Objekte in den Nachbarländern, Asien und Europa anzubieten. Diese Verkäufe finanzieren den Terrorismus."

Hochkulturen

Die Dschihadisten des IS kontrollieren Gebiete in Syrien und im Irak, wo einige der wichtigsten Ausgrabungsstätten der mesopotamischen und assyrischen Hochkultur liegen. Geraubt wird alles, was sich nur irgendwie transportieren lässt. Sind die Statuen zu groß, werden die Köpfe einfach mit einem Stahlseil von den steinernen Kunstwerken abgeschnitten. Das Museum in Mossul, das den IS-Milizen Ende Juni in die Hände fiel, soll mittlerweile nahezu leer geräumt sein. Und in den antiken Ausgrabungsstätten, in uralten Gräbern oder Kultstätten wird unablässig nach Fundstücken gesucht.

Dabei machen sich die IS-Kämpfer nicht selber die Hände schmutzig. Sie beauftragen kleine, kriminelle Gruppen für die Wühlarbeit. Dann aber werden auf jedes gefundene Objekt Steuern kassiert. Wer nicht zahlt, so setzten es die lokalen IS-Kommandanten fest, wird erschossen.

Der Schwarzmarkt mit geraubten antiken Kunstschätzen aus dem Nahen Osten wird seit mehr zehn Jahren geflutet. Allein 2003, nach der Plünderung des irakischen Nationalmuseums in Bagdad, verschwanden 15.000 Objekte. Nur ein Drittel davon ist wieder aufgetaucht.

Erworben werden die illegalen Kulturgüter meist von privaten Sammlern, so gut wie nie hingegen von Museen. "Wir tätigen keine Ankäufe", bestätigt Regina Hölzl, Sammlungsdirektorin der ägyptisch-orientalischen Sammlung des Kunsthistorischen Museums in Wien dem KURIER. Unbestreitbar aber sei, so Hölzl, dass der illegale Kunsthandel in den vergangenen Jahren stark zugenommen habe – mit Objekten nicht nur aus dem Irak, sondern auch aus Ägypten und dem Jemen.

Irak: Wiege der Kultur seit Jahrtausenden

Mesopotamien Das Gebiet des heutigen Irak, also das „Zweistromland“ zwischen Euphrat und Tigris, gilt als der Sitz der ersten Hoch- und Stadtkulturen der Weltgeschichte. Beginnend mit den Sumerern im 6. Jahrtausend vor Christus. Danach folgten Assyrer und Babylonier.

Perser und Römer Auch unter der persischen Dynastie der Achameniden war die Region kulturelles Zentrum. Diese Bedeutung sollte Meso- potamien auch unter den nach- folgenden Herrscherdynastien – von Alexander dem Großen bis zu Parthern und Römern – die ganze Antike über nicht verlieren.

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