Afroamerikaner erschießt aus Rache weiße Polizisten

Fünf Polizisten sind tot, sieben weitere schwer verletzt. Offenbar hatte der Heckenschütze keine Komplizen.

Das Parkland-Krankenhaus in Dallas gehört zu den Trauerorten in Amerika, die sich tief in das nationale Bewusstsein eingegraben haben. Hier starb Präsident John F. Kennedy, nachdem er im November 1963 auf den Straßen der texanischen Millionen-Metropole in einem fahrenden Konvoi erschossen worden war. 52 Jahre später musste Bürgermeister Mike Rawlings abermals wegen einer Tragödie nationalen Ausmaßes das Spital besuchen.

Fünf Polizisten wurden am Donnerstagabend von einem schwer bewaffneten Scharfschützen erschossen, als sie in der Innenstadt friedliche Demonstrationen der Bürgerrechts-Bewegung "Black Lives Matter" (das Leben von Schwarzen zählt) gegen die jüngsten Fälle von tödlicher Polizeigewalt in Louisiana und in Minnesota absicherten. Sieben weitere Beamte und zwei Teilnehmer des Protestzugs wurden zum Teil schwer verletzt.

Drei Verdächtige, darunter eine Frau, waren in Polizeigewahrsam. Die Polizei geht aber von einem Einzeltäter aus. Er verschanzte sich in einem Parkhaus und wurde nach langen Verhandlungen mit den Behörden durch einen Bomben-Roboter der Polizei getötet, berichtete Polizeichef-Chef David Brown.

Seine ersten offiziellen Hinweise sorgten für schieres Entsetzen, auch wenn Brown betonte, dass man bei der Motivsuche noch ganz am Anfang stehe. "Der Verdächtige hat gegenüber unserem Verhandler angegeben, dass er über die jüngsten Fälle von Polizeigewalt, aber auch über die ,Black Lives Matter‘-Bewegung verärgert sei. Er gab an, Weiße töten zu wollen, insbesondere Polizisten." Eine Verbindung zu terroristischen Organisationen im In- und Ausland schloss Brown, selbst Afro-Amerikaner, aus.

Micah Xavier Johnson, so der Name des Mannes, lebte bei seiner Mutter nahe Dallas. Der Maurer war Reservist der US-Armee und hatte in Afghanistan gedient. In Johnsons Wohnung fand die Polizei jede Menge Waffen und paramilitärisches Material, auch geeignet zum Bombenbau, zudem afro-nationalistische Schriften. Johnson hatte keine kriminelle Vergangenhei

Afroamerikaner erschießt aus Rache weiße Polizisten
DALLAS, TX - JULY 7: Dallas police and residents stand near the scene where four Dallas police officers were shot and killed on July 7, 2016 in Dallas, Texas. According to reports, shots were fired during a protest being held in downtown Dallas in response to recent fatal shootings of two black men by police - Alton Sterling on July 5, 2016 in Baton Rouge, Louisiana and Philando Castile on July 6, 2016, in Falcon Heights, Minnesota. Ron Jenkins/Getty Images/AFP ++ KEINE NUTZUNG IN TAGESZEITUNGS-BEILAGEN! NUR REDAKTIONELLE NUTZUNG IN TAGESZEITUNGEN, TAGESAKTUELLER TV-BERICHTERSTATTUNG (AKTUELLER DIENST) UND DIGITALEN AUSSPIELKAN€LEN (WEBSITES/APPS) IM UMFANG DER NUTZUNGSVEREINBARUNG. S€MTLICHE ANDERE NUTZUNGEN SIND NICHT GESTATTET.++

Schwarzer Einzeltäter

Ein Racheakt eines Einzeltäters für die Anfang dieser Woche bei hoch umstrittenen Polizeieinsätzen ums Leben gekommenen Alton Sterling in Baton Rouge und Philando Castile in St. Paul wird damit nach Angaben aus Washingtoner Sicherheitskreisen als Hauptmotiv "immer wahrscheinlicher".

Präsident Obama, zurzeit beim NATO-Gipfel in Warschau, nannte den folgenschwersten Anschlag auf die Staatsgewalt seit dem 11. September 2001 und dem Bomben-Attentat von Oklahoma 1995 einen "bösartigen, kalkulierten und verabscheuungswürdigen Angriff auf unsere Sicherheitskräfte". Er versprach, dass mögliche Hintermänner und Mittäter "zur Rechenschaft" gezogen werden. "Ich denke, ich spreche im Namen aller Amerikaner, wenn ich sage, dass wir entsetzt sind über die Ereignisse und vereint hinter den Menschen der Polizei in Dallas stehen."

Terror-Experten machten früh geltend, dass Tat und Täter "sehr gut vorbereitet" gewesen sein müssen. Nach ersten Rekonstruktionen des Geschehens nahm der Heckenschütze von "höher gelegenen Punkten" in der Stadt den Protestzug und die eskortierenden Polizisten ins Visier. Er war, inklusive massenhafter Munition, schwer bewaffnet. "Das sieht einfach nicht nach einem Wutausbruch im Affekt aus", sagte ein ehemaliger FBI-Fahnder dem KURIER. Mehrere Beamte erlitten Schusswunden am Rücken.

Die ersten Schüsse fielen gegen 21 Uhr Ortszeit nicht weit von der Dealey Plaza entfernt, wo damals die tödlichen Schüsse auf Kennedy fielen. Binnen Sekunden brach Panik aus unter den rund 1000 Teilnehmern des Protestzugs, der – wie in anderen US-Städten auch – die Polizeigewalt gegen Schwarze zum Thema hatte. "Wir wollten nur noch weg", schilderte der 21-jährige Devante Odom der Dallas Morning News.

Über die Opfer ist bisher wenig bekannt. Einer der Toten, der 43-jährige Brent Thompson, war nicht für die reguläre Polizei, sondern für die Sicherheitskräfte eines örtlichen Unternehmens im Einsatz.

Die Debatte polarisiert

Trotz der vielen Fragezeichen über die Hintergründe der Tat setzte schon in der Nacht zu Freitag die ohnehin durch den Wahlkampf extrem polarisierte politische Debatte ein. Binnen weniger Stunden verlagerte sich vor allem in den Republikanern nahestehenden Medien wie Fox News die Diskussion weg von dem Umstand, dass in jüngster Zeit regelmäßig Afro-Amerikaner bei fragwürdigen Polizei-Einsätzen ums Leben kamen, hin zum Gegen-Slogan "Blue Lives Matter". In Anspielung auf die blaue Uniform der Polizei ließen einige Sender Kommentatoren zu Wort kommen, die einen "Krieg gegen die Polizei" aufziehen sehen.

Dabei wurde daran erinnert, dass es seit dem Tod des jungen Schwarzen Michael Brown in Ferguson/Missouri vor zwei Jahren durch die Hand eines Polizisten in mehreren US-Städten nach tödlichen Polizeiübergriffen immer wieder zu Gewalttaten gegen Polizisten und Symbole der Staatsgewalt gekommen war, auch Geschäfte wurden dabei geplündert. Ist also indirekt die Schwarzen-Bewegung, in der es moderate wie militante Zirkel gibt, für den größten "Cop-Kill" seit Jahrzehnten zumindest moralisch mitverantwortlich?

Wie sehr mit dieser Frage an einem Pulverfass hantiert wird, zeigt die ungewöhnliche Zurückhaltung des republikanischen Präsidentschaftkandidaten Donald Trump. Der New Yorker Bau-Milliardär hatte sich im Wahlkampf mehrfach demonstrativ an die Seite der Polizei gestellt, wenn die politische Linke und Mitte nach tödlichen Zugriffen lautstark Reformen in den Sicherheitsbehörden forderte.

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