USA-Experte: "Die Linken haben Grund sauer zu sein"

Beim Parteitag in Philadelphia: Wahlkampf-Experte Yussi Pick
US-Politik-Experte Y. Pick über den vorsichtigen Optimismus im Clinton-Lager und Konflikte hinter den Kulissen in Philadelphia

Nicht ganz pannenfrei dieser Auftakt. Auf den Straßen von Philadelphia machten Tausende Anhänger von Bernie Sanders ihrem Ärger darüber Luft, dass der linke Senator bei der Präsidentschaftskandidatur den Kürzeren gegen Clinton gezogen hatte.

Noch heftiger aber der Ärger hinter den Kulissen des am Montag eröffneten Parteitages des Demokraten: Parteichefin Debbie Wasserman, zugleich Vorsitzende des am Montag eröffneten Parteitages in Philadelphia, war überraschend zurückgetreten. Die Enthüllungsplattform Wikileaks hatte eMails aus dem demokratischen Parteivorstand veröffentlicht. Die machten deutlich, wie klar die Parteiführung und mit ihr Wasserman, für Hillary Clinton und gegen Bernie Sanders Position bezogen hatten. Clintons Wahlkampfmanager Robby Mook machte die russische Regierung für die Hacker-Angriffe auf die betroffenen eMail-Server verantwortlich. Diese hätte die Demokraten ausspioniert, um Clintons Gegner, Donald Trump, zu stärken.

"Linken sind sauer"

Den Ärger der Linken auf ihre Parteiführung werde das wohl nicht ganz besänftigen können, gibt sich der US-Politik-Experte Yussi Pick in Philadelphia skeptisch: "Die Linken haben ausreichend Gründe sauer zu sein. Viele von ihnen sind mit dem Clinton-Kurs überhaupt nicht zufrieden." Auch die Entscheidung Clintons für Tim Kaine als Kandidaten für die Vizepräsidentschaft stößt vielen Sanders-Fans sauer auf. Man hatte auf einen deklariert linken Kandidaten gehofft.

Enger Kontakt zum Clinton-Team

Der Österreicher Pick, der schon an Barack Obamas Online-Kampagne mitgearbeitet hat, hält auch mit dem Clinton-Team engen Kontakt. Die Stimmung in der Wahlkampf-Leitung zum Auftakt des Parteitages sei grundsätzlich optimistisch. Vor allem die vielen Pannen und die düstere Stimmung beim Parteitag der Republikaner und Donald Trumps Kandidaten-Kür mache Hoffnung. In Philadelphia will man jetzt das Gegenteil demonstrieren: "Man will gut geölte Normalität präsentieren, Optimismus ausstrahlen, nicht Hysterie wie das Trump-Lager."

Ob die Strategie aufgeht, wird sich erst im Laufe der Woche zeigen. Hillary Clintons offizielle Nominierung steht am Donnerstag an. Und bis dahin, so Yussi Pick, hofft die Parteiführung die Linke für sie gewinnen zu können: "Man setzt darauf, dass es zuletzt allen am wichtigsten ist, gegen Trump zu kämpfen."

Von einem sicheren Sieg bei der Wahl im November will in Philadelphia jedenfalls noch niemand sprechen. Es gebe, so fasst Pick seine derzeitigen Beobachtungen im Clinton-Team zusammen, "trotz allem Optimismus dieses nagende Gefühl, dass man Trump schon bisher viel zu früh abgeschrieben hat. Schon bei den ersten Vorwahlen war man sich sicher, dass er es nicht schaffen würde. Und jetzt ist er offiziell Präsidentschaftskandidat."

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