Tsipras wirbt für ein "Nein" – die EU warnt davor

Schlange an Bankomat in Athen
Was der Ausgang des Referendums für Griechenland und den Verbleib in der Eurozone bedeuten könnte.

Der griechische Premier Alexis Tsipras wirbt bei seinen Landsleuten für ein "Nein" am Sonntag; dieses würde die Verhandlungsposition des Landes bei den Gesprächen über ein weiteres Hilfspaket stärken.

In der Eurozone sieht man das genau andersrum: "Durch ein Nein schwächen die Griechen ihre Verhandlungsposition ganz dramatisch", sagte Kommissionschef Jean-Claude Juncker am Freitag. Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny sagt, es würde auch für die EZB – die über Notfallkredite für die griechischen Banken entscheiden muss – "einen Unterschied machen", wie die Griechen abstimmen. Ein Nein, sagt Nowotny, wäre "eigentlich zu interpretieren als Nicht-Bereitschaft hier konstruktiv weiterzuverhandeln". Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem hat in den letzten Tagen gar ein Ausscheiden der Griechen aus der Eurozone ins Spiel gebracht, sollte das Referendum ein "Nein" ergeben.

Das sind die wahrscheinlichsten Szenarien für die Zeit nach der Abstimmung:

Was bei einem "Nein" der Griechen passiert

Tsipras will in diesem Fall sofort über ein neues Hilfspaket verhandeln – inklusive Schuldenschnitt. Es gibt jedoch keinen Grund, warum es – nachdem fünf Monate lang ohne Ergebnis verhandelt wurde – jetzt rasch eine Einigung geben sollte.

Im Gegenteil: Während man bisher "nur" über die Verlängerung und Änderungen innerhalb eines laufenden Hilfsprogrammes verhandelt hat, bei dem etwa die Summe der Hilfsgelder schon feststand, müsste man jetzt bei null beginnen. Die Bereitschaft für Zugeständnisse seitens der Eurozone dürfte sich in Grenzen halten.

Der Zeitdruck ist aber enorm: Am 20. Juli muss Athen 3,5 Milliarden Euro an die EZB zurückzahlen – dafür braucht man frisches Geld.

Wird die Rate nicht bezahlt, müsste die EZB wohl oder übel die Zahlungsunfähigkeit Griechenlands feststellen. Mit dem Staat wären auch die Banken pleite. Das könnte (vorübergehend) für Chaos sorgen. Der Regierung würde nur übrig bleiben, Schuldscheine oder eine Ersatzwährung auszugeben.

Dass Griechenland in dieser Situation im Euro bleiben kann, ist schwer vorstellbar – auch wenn ein "Grexit" rechtlich nicht vorgesehen ist.

Was bei einem "Ja" der Griechen passiert

Tsipras müsste dann entweder in Brüssel klein beigeben – oder zurücktreten.

Dann könnte es Neuwahlen geben – oder, noch besser, weil schneller, einfach eine neue Regierung. Das sollte die Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket erleichtern. Und wenn sich Athen kooperativ zeigt, wird sich die Frage stellen, ob man tatsächlich bei null beginnen muss – oder ob die Vorschläge der Geldgeber, über die die Griechen abgestimmt haben werden, nicht doch noch irgendeine Gültigkeit haben.

In jedem Fall könnte es relativ schnell gehen, bis Griechenland zu frischen Hilfsgeldern kommt, die es dringend benötigt.

Die Gefahr einer Pleite inklusive "Grexit" wäre dann zwar nicht vollends gebannt – aber doch deutlich geringer als bei einem "Nein".

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