Kroatien hat seine erste Präsidentin

Erste Frau an der Staatsspitze Kroatiens: Strahlende Wahlsiegerin Kolinda Grabar-Kitarovic (46)
Als Diplomatin legte Grabar-Kitarovic eine steile Karriere hin, als Politikerin wurde sie ausgebremst – bis zum Wahlsieg.

Der wichtigste Wahlhelfer für Kroatiens überraschende Gewinnerin der Präsidentenwahlen war wohl der Pessimismus. Tief nagt der Frust an der Mehrheit der Kroaten, dass ihr Land auch eineinhalb Jahre nach dem EU-Beitritt wirtschaftlich nicht und nicht vom Fleck kommt. Da klangen die Versprechen der 46-jährigen früheren Außenministerin Kolinda Grabar-Kitarovic, wonach "Kroatien wirtschaftlich aufblühen" und dereinst zu den "wohlhabendsten Staaten der EU und der Welt zählen" werde, fast ein bisschen nach Barack Obamas Slogan "Yes,we can".

Dieses "Können" trauten 50,7 Prozent der kroatischen Wähler der konservativen Karrierediplomatin eher zu als dem sozialdemokratischen Amtsinhaber Ivo Josipovic. Allein schon ihre atemberaubender persönlicher Werdegang gilt vielen Kroaten als ein Beispiel, das Ruder wieder herumzureißen.

Weltgewandt

Die in Rijeka geborene Tochter eines Fleischhauers zog es früh ins Ausland. Ihre Matura absolvierte sie als Austauschschülerin in den USA. In Zagreb studierte sie Sprachen, absolvierte einen Lehrgang an der Diplomatischen Akademie in Wien und kam als überzeugte Anhängerin der national-konservativen HDZ-Partei im Außenministerium unter. Nach ihrem Einsatz in der kroatischen Botschaft in Kanada holte ihr Mentor, Kroatiens Ex-Premier Ivo Sanader, die talentierte und weltgewandte junge Frau ins Herz der Politik: Zunächst als EU-Integrationsministerin und dann als Außenministerin war die Mutter zweier Kinder maßgeblich daran beteiligt, Kroatien in die EU zu bringen.

Dann der überraschende Bruch. Die Gründe dafür weiß bis heute niemand: Noch ehe der damalige HDZ-Premier Sanader über seine zahlreichen Korruptionsaffären stürzte, hatte er seine einstige Vorzeigeministerin abmontiert und aufs politische Abstellgleis verbannt. Als Botschafterin wurde sie später in die USA geschickt. 2011 wechselte sie nach Brüssel, wo die stets top-gestylte Grabar-Kitarovic zur Vize-NATO-Generalsekretärin avancierte. Gestärkt hat ihren Aufstieg auch ihr Mann. Der steckte seine Karriere zurück, betreute die Kinder und zog mit seiner Frau durch die Welt.

Dann hörte die kroatische Öffentlichkeit nur noch selten von ihr, ehe sie plötzlich von der HDZ in das Rennen um die Präsidentschaft geschickt wurde. Die Korruptionsskandale rund um sämtliche Größen der HDZ überstand sie unbeschadet. Sie gilt als absolut integer, resolut, aber auch als politisch insofern erfahren, sich auf wenig Konkretes festnageln zu lassen.

Plötzlich Präsidentin

Denn auch als erste Staatschefin des Landes hat Kolinda Grabar-Kitarovic kaum Möglichkeiten, den wirtschaftspolitischen Kurs des Landes zu bestimmen. Veto-Recht hat die weitgehend aufs Zeremonielle reduzierte Staatschefin keines, nur in Außenpolitik und Verteidigung kann sie mitreden. Als Lokomotive für einen politischen Kurswechsel aber könnte sie sehr wohl ziehen. Im Laufe des Jahres stehen Parlamentswahlen an – und der Frust über die schlechte Wirtschaftslage könnte auch die sozialdemokratische Regierung aus dem Amt fegen.

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