"Tims Team" leitet Zagrebs neue Regierung

Tihomir Oreskovic, (50) Chef der neuen Koalitionsregierung in Kroatien.
Erstmals wurde in Kroatien mit Tihomir Oreskovic ein Parteiloser zum Regierungschef angelobt.

Einen Regierungschef, der seine eigene Mannschaft flockig-locker "Tims Team" nennt, hat es in Kroatien noch nicht gegeben. Und das nicht nur, weil kroatische Männer namens Tihomir sich gewöhnlich nicht mit Spitznamen Tim rufen lassen. Doch bei Tihomir Oreskovic ist nun alles anders: Der in Kroatien geborene, aber in Kanada aufgewachsene Ex-Spitzenmanager leitet als erster parteiunabhängiger Regierungschef des Landes die neue Koalition.

Wie sehr der 50-jährige allerdings unabhängig agieren kann, bleibt fraglich. Tonangebend in der neuen Regierung ist die konservative HDZ, kleiner Koalitionspartner ist die neue und bisher regierungsunerfahrene Partei "Most" ("Brücke). Auf ihren Wunsch hin stellt Most nun den Innen- und den Justizminister, zumal sich die Partei vor allem die Korruptionsbekämpfung auf die Fahnen geschrieben hat.

In der insgesamt 20-köpfigen Ministerliste, die Oreskovic bei seiner Angelobung gestern als "Tims Team" präsentierte, findet sich auch eine ehemalige Nonne. Bernardica Juretic kämpfte jahrelang für die Rehabilitierung von Suchtkranken; sie leitet ab sofort das Ministerium für Sozialpolitik und Jugendfragen. Außenminister wird der Karrierediplomat Miro Kovac (HDZ).

Noch ein Fremder

Die allermeisten Kroaten müssen ihren neuen Regierungschef, der ungleich besser Englisch als Kroatisch spricht, erst noch kennenlernen. Bis vor Kurzem hatte der vierfache Vater noch in Kanada gelebt. Dass Oreskovic nun Kroatiens Regierung leitet, hat vor allem mit seinen freundschaftlichen Kontakten zur konservativen Präsidentin des Landes zu tun. Staatschefin Kolinda Grabar-Kitarovic hatte Ende der 90er-Jahre als Diplomatin an der kroatischen Botschaft gearbeitet und den aufstrebenden Manager eines Pharmakonzerns kennen- und schätzen gelernt. Als Wertkonservativer hat der gläubige Katholik mit der konservativen HDZ keine Berührungsängste und gleichzeitig den Vorteil, wie es die Partei Most zur Bedingung für den Premier machte, parteilos zu sein.

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