Elefantentreffen im Porzellanladen

Russische Jets umfliegen die USS Donald Cook.
Brüssel: Erstmals seit 2014 tagte der NATO-Russland-Rat – aus Pragmatismus, nicht aus Liebe.

Das letzte hochrangige Treffen zwischen NATO und Russland vor zwei Jahren war laut Diplomaten in Schreiduellen eskaliert. Damals ging es um Russlands Annektion der Krim. Seither herrscht auf diesem Kanal Funkstille: Die Tätigkeit des NATO-Russland-Rates wurde ausgesetzt. Aber viel ist passiert seither: der von Russland tatkräftig unterstützte und bis dato anhaltende Krieg in der Ostukraine, Russlands Engagement in Syrien – und all das begleitet von militärischen Muskelspielen in Europa. Die Nervosität war groß auf beiden Seiten vor dem ersten Treffen des NATO-Russland-Rates seit zwei Jahren in Brüssel am Mittwoch. Ein Treffen auf Diplomatenebene. Und eines, in das niemand große Erwartungen hatte. Beschlüsse wurden nicht erwartet. Laut NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg ging es lediglich darum, Gesprächskanäle offenzuhalten in Zeiten erhöhter Spannungen. Angedacht wird ein zweites Treffen noch vor dem NATO-Gipfel im Juli in Warschau. Es geht also um Deeskalation und darum, gefährliche Zwischenfälle wie den Abschuss eines russischen Jets durch das NATO-Land Türkei im November 2015 zu verhindern.

Wie die Stimmung zwischen der NATO und Russland in der Tat so ist, verdeutlichte ein Vorfall am Montag vor einer Woche in der Ostsee. Da näherten sich mehrere russische Kampfjets im Tiefflug dem US-Kriegsschiff USS Donald Cook, umkreisten es mehrmals und verschwanden wieder. Drei Tage später passierte ähnliches mit einem amerikanischen Aufklärungsflugzeug.

Ziel: Schreckstarre

Der Politologe Andreas Umland bezeichnet das als "psychologische Kriegsführung". Es gehe Moskau darum, die NATO in Schreckstarre zu halten, um kreative Lösungen zu verhindern und dem Westen ein eigenes Szenario zu diktieren. Dass die NATO darauf in den vergangenen zwei Jahren vor allem mit Manövern in Osteuropa und Truppenaufstockungen reagiert hat, sieht er ambivalent. Denn letztlich helfe das nicht den Ländern in der "Grauzone", um die es eigentlich in dem Konflikt aber gehe: Ukraine, Georgien, Republik Moldau. Und die Aufstockungen würden eine Eskalation bedeuten.

Dass im engeren Sinne die NATO und im weiteren die USA oder die EU nun sukzessive ihre Haltung gegenüber der Ukraine aufgeben, sieht Umland aber nicht. Zwar vereine die NATO ein weites Spektrum an Ländern mit sehr unterschiedlichen Ansichten gegenüber der Ukraine, aber ihre Position sei unverändert.

Das machte auch der stellvertretende NATO-Generalsekretär Alexander Vershbow vor einer Woche in Kiew klar. Kernaussage: Die militärische Okkupation der Krim werde man niemals akzeptieren.

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