Merkel gibt nach: Union einigt sich auf Transitzonen

Seehofer, Gabriel, Merkel
Seehofer erringt kleinen Sieg, SPD ist allerdings gegen die Zonen. Entscheidung am Donnerstag.

Er hat gepoltert, gedroht, zuletzt sogar ein Ultimatum gestellt. Schlussendlich konnte er mit einem kleinen Sieg nach Hause fahren: Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer trotzte Kanzlerin Angela Merkel die von ihm gewünschten Transitzonen an der Grenze zu Österreich ab, zudem hat man sich darauf verständigt, den Familiennachzug zu beschränken. Nach stundenlangen Beratungen der beiden Unionsparteien gaben Merkel und Seehofer am Sonntagabend ein gemeinsames Positionspapier heraus. Darin ist auch festgeschrieben, dass gemeinsam mit Österreich ein Zentrum für Polizeiarbeit in unmittelbarer Grenznähe sowie gemeinsame Polizeistreifen entlang der Grünen Grenze eingerichtet werden soll.

Bruchlinie verschoben

Damit ist der Streit zwischen CDU und CSU vorerst entschärft – was jetzt allerdings genau passieren wird, ist damit aber nicht klar: Denn die dritte Koalitionspartei, die SPD, hat im Vorfeld ganz klar verlauten lassen, dass es mit ihr solche Zonen nicht geben werde – man wehre sich gegen "Haftanstalten" an der Grenze, vielmehr drängt man auf dezentrale Registrierzentren innerhalb des Landes. SPD-Chef Gabriel hatte den Krisengipfel der drei Koalitionsparteien auch bereits zu Mittag verlassen – seinem Gesichtsausdruck war die Missstimmung über die Verhandlungen deutlich anzumerken gewesen.

Damit hat die Bruchlinie innerhalb der deutschen Koalition binnen kurzem verschoben: Waren sich zuvor die Unionsparteien uneinig darüber, wie künftig in der Flüchtlingsfrage vorzugehen ist, ist nun der Graben zwischen Union und SPD deutlich größer geworden. Kanzlerin Merkel, die zuletzt ja auch innerhalb ihrer eigenen Partei massiv unter Druck geraten war, hat sich nun bewegt – zumindest ein Stück weit hat sie CSU–Chef Seehofer jetzt nachgegeben; denn eine große Freundin der Transitzonen war sie auch im Vorfeld nie gewesen. Dennoch scheint es, als wäre ihr der Streit mit der SPD lieber als der innerhalb der eigenen Reihen.

Entscheidung folgt

Weitergesprochen werde jetzt in den kommenden Tagen, ließ man verlauten: Am Donnerstag treffen sich alle Ministerpräsidenten der Länder bei Merkel, zuvor sollen auch die Spitzen der drei Koalitionsparteien nochmals beraten – ob die SPD sich dann auf Transitzonen in dieser Form einlässt, ist allerdings fraglich. Möglich scheint, dass man sich auf Auffangzonen unter anderem Namen einigen könnte, damit alle Parteien ihr Gesicht wahren können.

Horst Seehofer kann bis dahin mit den guten Nachrichten nach Bayern fahren – für ihn ist es zumindest ein symbolischer Sieg. Auch er war zuletzt massiv unter Druck geraten, der Kanzlerin mehr Zugeständnisse in Sachen Flüchtlinge abzuringen – allein, alles, was er sich vorgenommen hatte, konnte er nicht erreichen: Ein Eingeständnis, eine Obergrenze, eine Abkehr von der Willkommenspolitik, all das gestand ihm Merkel wieder nicht zu. Dennoch kann Seehofer beruhigt in den Parteivorstand am Montag ziehen, ebenso wie seine Angst vor der dem Parteitag am 21. November nun geschrumpft sein sollte – denn die Furcht, dass der Unionsstreit auf sein Wiederwahl-Ergebnis drücken könnte, war groß.

Merkel selbst wird mit diesem Schritt wohl ihre eigenen Reihen beruhigt haben – die Frage ist nur, ob man ihr das als Abweichung von der bisherigen Willkommens-Linie auslegt oder nicht. Erfahren wird sie das aus ihrer Partei spätestens am Dienstag: Dann nämlich treffen sich die Fraktionsmitglieder beider Unionsparteien wieder in Berlin.

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