"Libyen wird großes Problem"

Libyer feiern dieneue Einheitsregierung. Andere verfluchen sie
Die neue Einheitsregierung ringt um Anerkennung - der IS breitet sich aus

Die ersten Meldungen über Entlastungen wegen des EU/Türkei-Deals waren noch druckfrisch, da tauchten schon die Warnungen vor Alternativrouten von Flüchtlingen auf. Im Mittelpunkt: das Mittelmeer. 200.000 Menschen stehen laut italienischer Marine in Libyen kurz vor der Überfahrt nach Europa. Um die 800.000 sollen es nach Angaben des französischen Innenministers Yves Le Drian bereits sein.

"Libyen wird großes Problem"

"Libyen wird das größte Problem für Europa in den kommenden Monaten", warnte der ehemalige Mossad-Chef Ephraim Halevy kürzlich in einem Sky News-Interview. Nach dem Sturz von Langzeitmachthaber Muammar Gaddafi ist das Land in einen Bürgerkrieg gestürzt. Hunderte Milizen, die sich während des Aufstandes gebildet hatten und Waffen des Regimes erbeuten konnten, kämpfen seither um Einfluss.

Drei Regierungen

"Libyen wird großes Problem"
A handout picture released on April 1, 2016, on the official Facebook media page of Fayez al-Sarraj, prime minister of the UN-backed unity government, show him being greeted by people on a street in Tripoli. Sarraj, who was named prime minister-designate in December under a UN-brokered power-sharing deal, arrived at a naval base in Tripoli on March 30, 2016, following growing international calls for Libya's rival political camps to unite behind his administration. / AFP PHOTO / LIBYA'S PRIME MINISTER FACEBOOK PAGE / STR / RESTRICTED TO EDITORIAL USE - MANDATORY CREDIT "AFP PHOTO / HO / LIBYA'S PRIME MINISTER FACEBOOK PAGE" - NO MARKETING NO ADVERTISING CAMPAIGNS - DISTRIBUTED AS A SERVICE TO CLIENTS

Die demokratisch legitimierte Regierung wurde von einer zweiten, islamistisch geprägten Schattenregierung aus der Hauptstadt vertrieben. Nur durch diplomatischen Einsatz schaffte es die UN, eine – dritte – Regierung der Nationalen Einheit aufzustellen. Sie soll die beiden anderen Regierungen ablösen, den Kampf gegen Extremisten vorantreiben, eine neue Verfassung ausarbeiten lassen und Parlamentswahlen auf den Weg bringen. Seit vergangener Woche sind die sieben Minister in Tripolis – und kämpfen um Anerkennung.

Aber die islamistische Regierung von Premier Khalifa Ghweli hat nach kurzer Rückzugsankündigung nun doch beschlossen, die Einheitsregierung zu blockieren.

Die Kämpfe in der Hauptstadt, die die Bevölkerung seit Jahren begleiten, sind mittlerweile zurückgegangen. Das Leben ist dennoch nicht leichter geworden. Es fehlt an vielem, erzählt ein Bewohner dem KURIER. Etwa an medizinischer Versorgung, Strom und Geld. Die Preise werden immer höher.

Wenig Öl wegen IS

Schuld an der mangelnden Liquidität ist auch die Ölproduktion. Sie ist nicht zuletzt wegen der Ausbreitung der Terrormiliz "Islamischer Staat" im Land zurückgegangen.

Denn der IS hat das Machtvakuum in Libyen offenbar zu nutzen gewusst. Mittlerweile sollen sich um die 6000 Kämpfer hier befinden. Sie haben sich vor allem in der Region um die Küstenstadt Sirte festgesetzt und drohen mit weiterer Ausbreitung. Glücklicherweise kommen sie nur langsam voran – Libyer behaupten, das läge daran, dass sich in ihren Reihen nur wenige Einheimische befinden. Die vielen ausländischen IS-Kämpfer würden die Gebiete nicht besonders gut kennen.

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