"Wir leben im Paradies, in dem Engel verhungern"

Erzbischof und Menschenrechtspreisträger Francois-Xavier Maroy.
Flüchtlingselend. Im blutigen Kampf um die reichen Bodenschätze im Osten des Landes sind die Zivilisten die Leidtragenden.

Wegen seines mutigen Einsatzes zur Beendigung des langen Konflikts im Ostkongo wurden bereits mehrere Attentate auf ihn verübt. Ein Mal pfiff eine Kugel nur zehn Zentimeter am Kopf des Erzbischofs von Bukavu, François-Xavier Maroy Rusengo, vorbei. Dennoch wird der 55-Jährige nicht müde, sich für die Zivilbevölkerung zu engagieren, die massenhaft auf der Flucht ist.

"Zahlreiche Dörfer sind derzeit menschenleer", sagte der Geistliche, der von den Päpstlichen Missionswerken (Missio) eingeladen worden war, bei einem Pressegespräch am Montag in Wien. Die in Wahrheit seit 1996 andauernden Kämpfe zwischen Rebellen-Milizen und Regierungssoldaten hätten dramatische Auswirkungen auf die gesamte Region.

"Wir leben in einem Paradies, in dem die Engel verhungern", führte der Kirchenmann weiter aus, der von einem "Ausbeutungskrieg" spricht. Er spielte darauf an, dass der Osten des Kongo reich an Bodenschätzen ist, auf die es viele unterschiedliche Gruppierungen abgesehen hätten. Justin Nkunzi, ein Priester der Diözese, wurde deutlicher: "Multinationale Konzerne missbrauchen die Rebellen, um an die Ressourcen zu kommen – ohne Steuern und vorbei am Staat." Er habe schon öfter zum "lieben Gott" gebetet: "Bitte nimm die Bodenschätze weg aus dem Kongo, sie bringen uns um. Wir wollen lieber arm sein, dafür in Frieden leben können."

Krieg um Coltan

Besonders begehrt ist Coltan, das für die Handy-Herstellung benötigt wird. Monika Schwarzer, Leiterin der Bildungsabteilung bei Missio, dazu: "Insofern tragen wir alle ein Stück Ostkongo mit uns herum." Sie ist es auch, die für die aktuelle Kampagne ("Fremde.Heimat.Kirche") der Organisation verantwortlich zeichnet. Mit dieser soll auf "das Leid der Millionen Flüchtlinge" im Kongo und ganz Afrika hingewiesen werden, wie der Direktor der Päpstlichen Missionswerke, Leo Maasburg, betonte. Zusatz: "Auch Christus war Migrant."

Kernstück der Initiative ist der "Missio-Truck", der noch bis 15. Juni und dann wieder ab 15. September durch Österreich rollt (Näheres siehe www.missio.at). In dem Lkw sind sechs Stationen aufgebaut: Von der Flucht von einem fiktiven Marktplatz bis an die Tore Europas. Die interaktive Tour, die auch auf Computerspiele setzt, soll "Menschen das Schicksal eines Flüchtlings hautnah erlebbar machen", erläuterte Schwarzer. Die Kampagne wendet sich an Schüler ab der achten Schulstufe sowie an Erwachsene.

Eine Gymnasiastin beim Verlassen des Trucks betroffen: "Wir haben ein Glück, hier in Österreich zu sein. Und sollten von unserem Wohlstand etwas abgeben."

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