Jeder Zweite im Jemen braucht Hilfe

Regierungssoldaten rücken gegen die Houthi-Rebellen vor
Selbst das Rote Kreuz gerät in dem Bürgerkrieg zwischen alle Fronten, so der zuständige Koordinator.

"Ich war früher einmal für das Rote Kreuz ein Jahr lang in Aden stationiert. Das war eine wunderbare, lebendige Hafenstadt. Als ich das letzte Mal im August des Vorjahres dort war, erkannte ich sie nicht mehr wieder. Straßen, ja ganze Viertel sind verwüstet, es gibt keinen Strom", sagt Yehia Khalil. Er koordiniert die Rotkreuz-Hilfe für das Bürgerkriegsland, in dem selbst seine Mitarbeiter in die Schusslinie kommen: "Im Vorjahr mussten wir unsere internationalen Experten abziehen, nachdem uns mit vorgehaltenen Waffen alles Geld und unsere Autos abgenommen worden waren", so der gebürtige Libanese zum KURIER.

Schwere Gefechte

Jeder Zweite im Jemen braucht Hilfe
Seither habe sich die Situation noch verschlimmert. Nachdem Truppen der sunnitischen Regierung unter Präsident Rabbo Mansur Hadi mit Luftunterstützung von Saudi-Arabien Aden samt Umland von den schiitischen Huthi-Rebellen wieder zurückerobern konnten, konzentrieren sich die schweren Gefechte jetzt auf den Raum um die Stadt Taiz (siehe Grafik). Von dort, aber auch vom Osten soll der Weg zur Hauptstadt Sanaa freigekämpft werden. Diese wird weiterhin von den Aufständischen gehalten, die vom Iran, dem Rivalen Saudi-Arabiens um die Vorherrschaft in der Region, unterstützt werden.

Diese chaotische Gemengelage werde dadurch verschärft, so Khalil, dass die Terrororganisation "El Kaida auf der Arabischen Halbinsel" ihr Unwesen treibt und von Saudi-Arabien unbehelligt bleibe – nach dem Motto: Der Feind meines Feindes ist mein Freund. "Es ist eine Katastrophe, die sich hier abspielt."Eine Entspannung oder Lösung des Konflikts sieht der Rotkreuz-Mann nicht. Zumal sich die Aufmerksamkeit der wichtigsten "Spieler" (USA, Russland, Saudi-Arabien, Iran) auf Syrien richtet.

Millionen Vertriebene

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Rotkreuz-Koordinator für den Jemen, Yehia Khalil
Eine Fluchtwelle aus dem Jemen nach Europa befürchtet der Experte derzeit nicht. "Nur ein paar Tausend haben das Land verlassen, mangels Alternativen meist nach Afrika (einige auch nach Saudi-Arabien). Aber dass sich Menschen ins unsichere Somalia in ,Sicherheit‘ bringen, zeigt, wie prekär die Lage ist", führt Khalil aus. Allerdings hätten die Auseinandersetzungen im Jemen selbst Millionen zu Vertriebenen gemacht. Schon vor dem Krieg waren in dem Land, das 90 Prozent der Nahrungsmittel importieren muss, viele auf Hilfe angewiesen. Jetzt ist es die Hälfte der 26 Millionen Jemeniten.

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