Politisches Tauwetter in Teheran

Wettlauf um gute Geschäfte: Auch heimische Unternehmen setzen auf einen Wiedereinstieg im Iran.

Also, da waren die Italiener, Deutsche, Spanier, Franzosen, Polen, Japaner ...“, Richard Schenz ist schon ein Weilchen beschäftigt, wenn er all die Wirtschaftsdelegationen aufzählen will, die sich in den letzten Wochen die Türklinken in Teheran in die Hand gegeben haben. Und mittendrin in diesem ersten Vorstoß natürlich auch die Österreicher. Fast 20 Firmen haben Schenz, Vizepräsident der Wirtschaftskammer, in der Vorwoche auf seiner Iran-Visite begleitet. „Jetzt geht es vor allem einmal darum, ein Signal zu setzen“, erklärt der ehemalige OMV-Chef und Ölexperte, „ein Zeichen, dass wir die iranischen Firmen als Geschäftspartner schätzen.“

Echte neue Geschäfte gibt es freilich vorerst nicht allzu viel zu machen. Es ist ja gerade einmal ein paar Wochen her, seit sich der Iran und der Westen auf ein provisorisches Abkommen über das umstrittene Atomprogramm geeinigt haben. Noch sind einige Details ungeklärt, auch dazu, wann welche Sanktionen gegen das Land aufgehoben werden sollen.

Die im letzten Jahr noch einmal massiv verschärften Wirtschaftssanktionen haben den internationalen Handel mit dem Iran beinahe völlig lahmgelegt. Vor allem die Blockade fast aller Geldgeschäfte mit iranischen Banken und der damit fast unmögliche Zahlungsverkehr waren ein schwerer Schlag, für die Iraner, aber auch für ihre Geschäftspartner.

„Es gibt auf einmal eine spürbar bessere Stimmung im Land“, schildert Schenz seine Eindrücke vor Ort. Seit sich die neue Regierung von Präsident Rohani kompromissbereit gebe, hofften auch die Geschäftsleute darauf, endlich wieder internationale Partner zu finden: „Vorerst zeigen alle verhaltenen Optimismus.“

Guter Ruf

Optimistisch können auch die Österreicher sein, schließlich genießt man im Iran – ähnlich wie Deutschland – einen überdurchschnittlich guten Ruf. Zwar hat man als EU-Staat die in Brüssel verhängten Boykottmaßnahmen vorschriftsgemäß mitgetragen, hat es aber vermieden, allzu feindselig aufzutreten.

Im Gegensatz zu anderen westlichen Staaten hat man nie die Botschaft, nie die Außenhandelsstelle in Teheran geschlossen, oder den Betrieb reduziert. „Wir haben so Zeichen gesetzt, als die Zeiten besonders schwierig waren“, demonstriert Schenz österreichisches Selbstbewusstsein, und macht deutlich, dass er das gleiche Selbstbewusstsein auch von heimischen Unternehmen erwartet. Auch dann, wenn das etwa Washington – wo seit Jahrzehnten Eiszeit gegenüber Iran herrscht – nicht begrüßt: „Wir halten uns an EU-Gesetze und an UNO-Beschlüsse, aber es gibt keinen Grund, sich auch noch nach US-Gesetzen zu richten.“

Dass so viele Nationen auf einmal beim Wettlauf nach Teheran mitmachen, wollen, hat ganz praktische Gründe. Der Iran ist die stärkste Wirtschaftsmacht in der Region, nicht nur weil das Land auf den zweitgrößten Gas- und den siebentgrößten Erdölvorkommen der Welt sitzt.Es gibt eine gut ausgebaute Industrie von Autos und Maschinen bis hin zu Konsumgütern. Und diese Industrie hat nach Jahren massiver Handelsbeschränkungen technischen Nachholbedarf. Ein Hoffnungsgebiet für österreichische Maschinenbauer, auch weil viele von ihnen gelernt haben, mit dem Mullah-Regime in Teheran umzugehen – und, wenn möglich, auch zu umgehen.

Iran-erfahrene Geschäftsleute, egal, aus welcher Branche, haben verlässlich viel zu erzählen, über Korruption und Günstlingswirtschaft, vor allem im Umfeld der mächtigen geistlichen Führung. Da sitzt dann ein gänzlich unerfahrener, dafür aber umso geldgierigerer Verwandter eines Ayatollahs den Firmenmanagern im Nacken und will dafür auch noch Gewinne in die eigene Tasche wirtschaften.

Nur langjährige persönliche Beziehungen helfen da, den gefährlichsten Fallen auszuweichen – und einige Österreicher, weiß auch Schenz, haben solche Beziehungen auch über die schwierigste Zeit gerettet: „Heimische Geschäftsleute behandelt man im Iran verlässlich besonders gut. Da wird man mit viel Freude und auch Vertrauen empfangen.“

Nüchtern betrachtet geht es bei den aktuellen Verhandlungen um Uran-Brennstäbe und Besuchstermine für die Inspektoren der UN-Atombehörde IAEO. Doch kommen sich der Westen und der Iran im Atomstreit näher, dann vermutlich auch in allen anderen Konflikten, die zwischen den Verhandlungspartnern stehen.

Das Mullah-Regime hat in den vergangenen Jahren jede Gelegenheit benützt, um seine Rolle als Regionalmacht im Nahen Osten auszubauen. Die Politik, vor allem der USA, lieferte dafür auch jede Menge guter Gelegenheiten.

Die zumindest vorübergehende Schwächung der Taliban in Afghanistan, hat den traditionellen Einfluss des Iran im Westen des Landes gestärkt. Der Sturz Saddam Husseins im Irak hat eine schiitisch dominierte Regierung in Bagdad an die Macht gebracht. Die hat für Anliegen aus Teheran immer ein offenes Ohr.

Im Libanon hat man die schiitische Hisbollah als verlängerten Arm, politisch, aber auch militärisch; auch die im palästinensischen Gaza-Streifen regierende Hamas bekomm vom Iran Militärhilfe. Was iranische Politiker sogar offen zugeben.

Die brisanteste Rolle aber spielt der Iran derzeit im syrischen Bürgerkrieg. Während Saudi-Arabien und die Golfstaaten die Rebellen – auch die radikalislamischen – unterstützen, hat Teheran von Beginn des Konfliktes an, dem Regime von Bashar al-Assad den Rücken gestärkt. Nicht nur Öl- und Waffenlieferungen, auch Kämpfer von Eliteeinheiten werden über die Grenze geschleust, greifen zusammen mit Kämpfern der Hamas direkt in die Kampfhandlungen ein.

Der Weg zu einer friedlichen Lösung für Syrien führt daher auch über Teheran. Vor allem, weil auch in den USA sich immer mehr die Ansicht durchsetzt, dass man zumindest die Strukturen des Assad-Staates erhalten muss, um Syrien nicht gänzlich in einen endlosen Bürgerkrieg abgleiten zu lassen. Erfolgreiche Atomverhandlungen, so die Hoffnung, könnten den Iran, der ja großen Einfluss auf das Assad-Regime besitzt, auch hier als Partner ins Boot holen. Die syrische Opposition aber hält diese Strategie für fatal. Der Iran würde Geld, auf das er durch ein Ende der Sanktionen Zugriff hätte, dazu nützen, um Assad kompromisslos an der Macht zu halten.

Sanktionen gegen Iran

UNO Der UN-Sicherheitsrat hat 2008 jeglichen Handel mit Technik für das iranische Atomprogramm, mit Waffen, aber auch mit allen Gütern, die möglicherweise zur Waffenproduktion genützt werden können, untersagt. Außerdem wurden iranische Konten im Ausland eingefroren.

USA/EU Die USA verhängten ein totales Wirtschaftsembargo gegen den Iran. Ausländische Firmen, die mit dem Land Geschäfte machen, werden ebenfalls mit Sanktionen belegt. Die EU hat alle Ölgeschäfte untersagt und Bankgeschäfte eingeschränkt.

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