Fischer in Prag: Grobheiten und viel Schwejk-Humor

Ein Hauch von Historie umwehte Heinz Fischers letzten Staatsbesuch seiner Amtszeit bei Milos Zeman
Gastgeber Zeman geizte nicht mit Attacken gegen die EU-Flüchtlingspolitik.

Anreise im einstigen Salonwagen von Thronfolger Franz Ferdinand, Empfang durch eine Brigade in Kostümen der tschechischen Legion, also jener Soldaten, die im Ersten Weltkrieg gegen die Österreicher kämpften: Tschechiens Staatspräsident Milos Zeman ließ wieder einmal seinen unverkennbar schwejk’schen Humor aufblitzen, als er am Montag seinen österreichischen Amtskollegen Heinz Fischer auf Schloss Lany bei Prag empfing. Beim Thema Flüchtlinge polterte Zeman in inzwischen bewährter Manier, sprach von "Erpressung" durch die Türkei und nannte das EU-Abkommen mit ihr einen "Schlag ins Wasser".

Zeremonieller Mittelpunkt der aufwendig und etwas skurril inszenierten Visite war das Gedenken an das erste Abkommen zwischen den beiden eben erst gegründeten Nachfolgestaaten der zerfallenen Habsburgermonarchie im Dezember 1921. Dieser erste tschechisch-österreichische Vertrag sicherte dem von Hunger und Not bedrohten Kleinstaat Österreich dringend notwendige Lieferungen von Kohle und Lebensmitteln aus Böhmen. Mit Kinderchor und viel historischem Aufputz wurde eine Gedenktafel durch die beiden Präsidenten enthüllt.

Zwar funktionieren die tschechisch-österreichischen Beziehungen auch heute wirtschaftlich weitgehend problemlos, steigen die Exportraten auf beiden Seiten konsequent an, politisch aber ist man sich in den letzten Jahren wieder deutlich fremder geworden. Gerade die Haltung und die populistischen Ausritte von Tschechiens Präsident Zeman in der Flüchtlingskrise ("strategisch geplante Invasion durch Muslime") sorgen in Wien für Verwunderung.

Brachial populistisch

Auch setzt man in Prag wieder stärker auf die jahrelang vernachlässigte Zusammenarbeit der sogenannten Visegrad-Staaten: Tschechien, Slowakei, Ungarn und Polen. Gemeinsam hat man sich in der Flüchtlingskrise auf eine quasi Totalblockade geeinigt. Nicht nur der Präsident, auch maßgebliche Vertreter der Regierung in Prag geben sich bei diesem Thema brachial populistisch, so etwa Finanzminister Babis. "Nicht zu leugnen, dass das Flüchtlingsproblem aus Prager Sicht anders aussieht als aus Wiener", bemüht sich Fischer um Verständnis für "meinen alten Freund Milos Zeman" und warnte vor "vorschnellem Optimismus. Ich wünsche mir gute Resultate des Türkei-Abkommens, aber ich bin mir ganz und gar nicht sicher."

Abseits der Flüchtlingskrise und dem politischen Theaterdonner aus Prag betonten beide Staatschefs die guten und verlässlichen Beziehungen, nicht nur zwischen den beiden Ländern, sondern auch zwischen ihnen persönlich. Man verwöhnte einander vor der Presse mit Freundlichkeiten und liebevollen Pointen. Ständige Streitthemen, wie etwa die tschechischen AKW, wurden diesmal zumindest beiseite gelegt. Man gehe einfach "entkrampfter und entspannter" miteinander um, betont Fischer: "Bei vielen Fragen ist einfach nicht so viel Prestige im Spiel. Aus Österreich wird eben nie ein Freund der Atomenergie werden, und aus Tschechien kein Gegner."

Ehrgeizige Pläne

Die Umsetzung der ehrgeizigen Pläne für beide Länder, die die Regierung von Premier Sobotka seit ihrem Amtsantritt vor zwei Jahren auch in Wien wiederholt beworben hat, gestaltet sich aber weiterhin zäh. So sind die Bahn- und Straßenverbindungen zwischen beiden Ländern weiterhin langsam, veraltet und ein Hindernis für den Warenverkehr.

Ein Ärgernis, für das Zeman natürlich sofort "den Unsinn aus Brüssel" – es geht um eine Prüfung der Umweltverträglichkeit – verantwortlich machte.

Auch Österreichs Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl sprach von einer "Verzögerung, die wir nicht brauchen." Man hoffe, so Leitl, dass man in Zukunft nicht mehr bei jeder neuen Regierung in Prag an den Start zurückgeworfen werde. Ein passender Anlass also, um den alten Salonwagen des österreichischen Thronfolgers Franz Ferdinand aus dem Museum zu holen, um Fischer darin zur Zeremonie in Lany zu fahren.

Der Vertrag sei eben einer der positiven Höhepunkte der schwierigen gemeinsamen Geschichte, wie ein tschechischer Diplomat am Rand der Feierlichkeiten am Montag analysiert. Und auch der Bundespräsident ist sich der "schrecklichen Katastrophen", die zwischen den beiden Ländern seit damals passiert sind, bewusst: "Vor diesem Hintergrund ist das Verhältnis zwischen Prag und Wien geradezu vorbildlich."

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