Einigung mit Eurogruppe: Athen akzeptiert alle alten Auflagen

Christine Lagarde, Pierre Moscovici und Jeroen Dijsselbloem bei der abschließenden Pressekonferenz.
Einigung im Schuldenstreit, das laufende Hilfsprogramm wird um vier Monate verlängert.

Mit einem Procedere, das sich bei vielen Verhandlungen in den Krisenjahren bewährt hat, wurde am Freitag eine Einigung zwischen Griechenland und den anderen 18 Euro-Staaten auf den Weg gebracht. Stundenlang wurde in kleinem Kreis auf höchster Ebene verhandelt: EU-Währungskommissar Pierre Moscovici, Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem, sowie die Chefs von EZB und IWF, Mario Draghi und Christine Lagarde, vermittelten zwischen dem deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble und seinem griechischen Gegenüber Yanis Varoufakis. Bevor der erzielte Kompromiss den Finanzminister der anderen Euro-Staaten vorgelegt wurde, gab noch Griechenlands Premierminister Alexis Tsipras per Telefon seine Zustimmung. Laut Verhandlern soll Dijsselbloem Tsipras am Nachmittag persönlich angerufen und den Vorschlag der Eurogruppe vorgelegt haben. Und zwar mit klaren Worten: "Das ist es – oder es ist Schluss."

Nach relativ kurzer Beratung in großer Runde dann am Abend die erlösende Meldung: Es gibt eine Einigung, der alle zustimmen können.

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Harte Linie

Und so sieht sie aus: Das aktuelle Hilfsprogramm, das planmäßig Ende Februar ausläuft, wird um vier Monate verlängert, Griechenland hat die Möglichkeit, die ausständigen 7,2 Milliarden Euro, die damit verknüpft sind, abzurufen. In dieser Zeit sollen auch schon die Verhandlungen für ein neues, drittes Hilfspaket beginnen. Bis dahin gelten aber noch die alten Regeln: Griechenland verpflichtet sich dazu, das laufende Hilfsprogramm "erfolgreich zu Ende zu bringen", sprich: Die – von der Vorgänger-Administration – vereinbarten Reformen und Sparmaßnahmen werden umgesetzt. Hier haben sich die Hardliner in der Eurozone durchgesetzt – zu Beginn der Verhandlungen hatten Tsipras und Varoufakis strikt abgelehnt, das alte Programm nach alten Auflagen weiter zu führen.

Spielraum

Allerdings will die Eurozone der neuen Regierung Raum für Änderungen einräumen: Bis Montag Abend soll Athen eine Liste aller geplanten Reformen vorlegen. Diese wird von den Troika-Institutionen (EZB, IWF, EU-Kommission) überprüft und soll von den Euro-Finanzministern Dienstagmorgen in einer Telefonkonferenz abgesegnet werden. Dann erst gilt die Verlängerung des Hilfsprogramms.

"Griechenland hat die Möglichkeit, Vorschläge zu machen. Erst, wenn die Institutionen diese Vorschläge akzeptieren, kommen sie ins Programm", sagte Finanzminister Hans Jörg Schelling. Voraussetzung sei, dass beim Austausch alter Reformen gegen neue unterm Strich das selbe Ergebnis beim griechischen Budget herauskommt.

Hat Griechenland damit allen Forderungen der Geldgeber nachgegeben und selbst bei den Verhandlungen der letzten Tage praktisch nichts erreicht? "Es ist sicher so, dass wir vor einer Woche schon ziemlich genau so weit waren", sagte Schelling. "Die Eurogruppe hat immer auf diese Konditionalitäten beharrt. Die Griechen haben jetzt die Punkte des Programms akzeptiert." Ist der Grexit vom Tisch? Schelling: "Davon gehe ich aus."

Schon Ende Februar sollen die Troika-Institutionen die nächste Überprüfung der Reform-Fortschritte in Griechenland durchführen. Auch hier hat sich die Eurozone durchgesetzt – noch vor kurzem hatte Tsipras eine Zusammenarbeit mit der verhassten Troika abgelehnt.

Der Verlängerung des Hilfsprogramms müssen auch noch mehrere nationale Parlamente zustimmen.

Obwohl seine Regierung praktisch alle Forderungen der Eurozone erfüllt hat, zeigte sich Finanzminister Yanis Varoufakis nach den Verhandlungen Freitag Abend zufrieden. "Wir sind bis zum Schluss standhaft geblieben, vor allem dann, als wir unter immensem Druck gestanden sind." Das Ergebnis der Verhandlungen sei "für beide Seiten positiv", sagte Varoufakis, "weil wir zwei Dinge miteinander verbunden haben, von denen man normalerweise annimmt, dass sie einander ausschließen: Logik und Ideologie."

Die Einigung mit den Geldgebern sei vor allem deswegen ein Erfolg für die junge Regierung, weil in Absprache mit den Troika-Institutionen Reformen der Vorgänger-Administration durch eigene Ideen ersetzt werden können – solange die Budgetziele weiter erreicht werden. "Es wird ein anstrengendes Wochenende, aber es wird auch ein glückliches Wochenende", sagte Varoufakis. "Wieso? Weil wir uns hinsetzen und arbeiten werden."

Aus Varoufakis’ Sicht brechen nun neue Zeiten für Griechenland an: "Wir lassen die Tage hinter uns, in denen es eine Liste an Reformen gab, die von der griechischen Gesellschaft als Fremdkörper empfunden wurden, weil sie verordnet wurde, aber nicht umgesetzt." Ab sofort werde Griechenland auf Augenhöhe mit den Geldgebern agieren, lautete Varoufakis’ Botschaft an die Griechen: "Wenn es eine Beziehung von gleichberechtigten Partnern gibt, anstatt einer Beziehung, wie wir sie bislang hatten, dann wird diese Zusammenarbeit auch viel mehr Früchte tragen."

Vertrauensfrage

Seiner Meinung nach habe die Syriza-Regierung in den letzten Tagen Vertrauen in der Eurozone gewonnen: "Wir haben jetzt Partner gefunden unter denen, die uns bis vor kurzem noch sehr skeptisch beäugt haben", sagte Varoufakis. "Jetzt liegt es an uns, ihr Vertrauen zu gewinnen."

Varoufakis bekräftigte auch, dass die griechische Regierung sich verpflichtet hat, in den kommenden Monaten neue Reformen nicht im Alleingang einzuführen – und alte nicht ohne Zustimmung der Troika-Institutionen rückgängig zu machen. "Wir haben vom ersten Tag, seit diese junge Regierung im Amt sind, klar gemacht, dass es nicht unsere Art ist, unsere Verhandlungspartner übers Ohr zu hauen."

Montag, 23. Februar: Bis Ende des Tages muss die griechische Regierung eine Liste mit Reformen vorlegen, mit der die Ziele des aktuellen Hilfsprogrammes erreicht werden sollen.

Dienstag, 24. Februar: Die Geldgeber prüfen die Pläne. Wenn sie grünes Licht geben, kann eine Verlängerung des Hilfsprogrammes offiziell beschlossen werden. In Ländern wie Deutschland muss schließlich auch das Parlament zustimmen.

Freitag, 28. Februar: Eigentlich läuft das aktuelle Hilfsprogramm der Europäer an diesem Tag aus. Wenn alles glattgeht, wird es allerdings bis zum 30. Juni verlängert.

Ende April: Bis zu diesem Zeitpunkt muss die griechische Regierung eine finale Aufstellung ihrer Reformpläne vorgelegt haben. Die Geldgeber müssen ihm zustimmen.

30. Juni: An diesem Tag soll das verlängerte Hilfsprogramm auslaufen. Folgen könnte ein neues Programm.

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