Gabriel: "Können 500.000 Flüchtlinge aufnehmen"

Sigmar Gabriel (re.) mit Kanzlerin Angela Merkel.
Der deutsche Vizekanzler fordert so bald wie möglich eine europäische Lösung. Weiter Ablehnung aus Polen.

Der deutsche Vizekanzler Sigmar Gabriel geht davon aus, dass Deutschland auch in den kommenden Jahren die Aufnahme hunderttausender Flüchtlinge bewältigen kann. In einem ZDF-Interview nannte der SPD-Chef am Montagabend die Zahl von 500.000 Menschen.

"Ich glaube, dass wir mit einer Größenordnung von einer halben Million für einige Jahre sicherlich klarkämen", sagte Gabriel. "Ich habe da keine Zweifel, vielleicht auch mehr."

Gabriel forderte aber eine europäische Lösung. "Wir können nicht jedes Jahr eine knappe Million Menschen mal so eben aufnehmen und bruchlos integrieren", sagte er in Bezug auf das laufende Jahr, in dem in Deutschland mindestens 800.000 Flüchtlinge erwartet werden. Deutschland werde auch in Zukunft einen "weit überproportionalen Teil" der nach Europa kommenden Menschen aufnehmen, "weil wir ein wirtschaftlich starkes Land sind, daran gibt es keinen Zweifel".

Aber es gehe nicht, dass Europa die Verantwortung für die Aufnahme von Flüchtlingen an wenige Länder wie Österreich, Schweden und Deutschland abschiebe, sagte Gabriel. "Und deswegen bin ich sicher, dass sich die europäische Politik ändern muss." Es müsse schnell Entscheidungen darüber geben, wie Flüchtlinge auf die EU-Mitgliedsländer verteilt werden.

IG Metall: Flüchtlinge integrieren

Die deutsche Gewerkschaft IG Metall hat am Dienstag in Frankfurt ein bundesweites Mentoren- und Patenschaftsprogramm angekündigt, mit dem Flüchtlinge integriert werden sollten. Für lokale Unterstützungsaktivitäten stellte der Vorstand seinen örtlichen Verwaltungen 500.000 Euro Sondermittel zur Verfügung.

Gewerkschaftschef Detlef Wetzel forderte die Arbeitgeber auf, Möglichkeiten zur Qualifizierung und Beschäftigung zu schaffen - "ohne die aktuelle Situation für Lohndumping zu missbrauchen".Flüchtlinge dürften nicht instrumentalisiert werden, bestehende soziale Schutz- und Gestaltungsregelungen abzubauen. Die geplante Aufhebung des Leiharbeitsverbots für Asylbewerber und Geduldete nach drei Monaten sei das falsche Signal.

Polen bleibt bei seiner ablehnenden Haltung

Der polnische Verteidigungsminister Tomasz Siemoniak hat Kritik an der Haltung Polens bei der Aufnahme von Flüchtlingen zurückgewiesen. Regierungschefin Ewa Kopacz habe von Anfang an betont, dass die Zuweisung nach Länderquoten „ein Weg ins Nirgendwo“ sei und er teile diese Auffassung, sagte Siemoniak am Dienstag im polnischen Nachrichtensender TVN24. Wenn Polen den Quoten zustimme, würden nach den ersten Gruppen an Flüchtlingen weitere folgen.

Polen lehnt verpflichtende Aufnahmequoten ab und wird vor allem von westeuropäischen Staaten für diese Haltung kritisiert. Die Kritik nannte Siemoniak ungerechtfertigt. „Die Deutschen sollten uns nicht belehren, was Solidarität ist. Was die Zeitungen schreiben und wie sie Polen bewerten, ist nicht angebracht“, sagte er. „Es geht doch nicht darum, weitere Zehntausende Flüchtlinge nach Europa einzuladen, weil Europa sich keinen Rat weiß.“ Vielmehr müssten die Probleme in den Herkunftsländern der Flüchtlinge gelöst werden.

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