Obama bei G-7 in Bayern: "Lederhose vergessen"

US-Präsident gut gelaunt bei Treffen mit Merkel. Über die Sanktionen gegen Russland herrscht Einigkeit.

Im bayerischen Schloss Elmau kommen heute und morgen die Staats-und Regierungschefs der sieben größten Industrienationen zusammen. Garmisch-Partenkirchen und Umgebung mutierten zum Hochsicherheitstrakt. US-Präsident Barack Obama ist am Sonntag in der Früh in Bayern eingetroffen. Er war auf dem Flughafen München gelandet, empfangen von einer Trachtendelegation und Horst Seehofer. Im Ort Krün empfing Merkel anschließend den US-Präsidenten. Neben einem Eintrag Obamas ins Goldene Buch des Touristenorts war bei strahlendem Sonnenschein auch eine Begegnung mit Bürgern "zu Brotzeit und Bier" geplant.

Merkel und Obama hielten vor der Alpenkulisse kurze Ansprachen, und der US-Präsident übte sich in Deutsch: "Grüß Gott. Ich habe meine Lederhose vergessen." Aber er könne sich ja vielleicht in Bayern noch eine zulegen. In Krün habe er außerdem die "beste Alphorn-Performance" seines Lebens gehört, sagte Obama. "Als ich vom G7-Gipfel in Bayern gehört habe, habe ich erst gehofft, dass das Treffen zur Zeit des Oktoberfests stattfindet. Andererseits gibt es keine falsche Zeit für Bier und Weißwürste". Das Wetter in Krün sei am Sonntag so schön - "wir sollten Bier trinken". Das müssten sie aber mit den Sicherheitsbeamten klären. Nach der kurzen Rede setzte sich Obama mit Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel an einen Biertisch, es gab eine zünftige Brotzeit - und Bier.

Schulterschluss

Merkel betonte nach der BND-NSA-Affäre die Freundschaft der beiden Nationen: Die USA seien "ein so wesentlicher Partner, dass wir eng kooperieren, weil wir es im gegenseitigen Interesse brauchen, weil wir es wollen und weil wir gemeinsame Werte teilen". Obama sagte: "Heute früh feiern wir eines der stärksten Bündnisse, das die Welt je gekannt hat." Ohne die Geheimdienstaffäre beim Namen zu nennen betonte Merkel: "Trotz mancher Meinungsverschiedenheiten, die wir heute haben, ist Amerika, sind die Vereinigten Staaten von Amerika unser Freund, unser Partner."

Die deutsche Kanzlerin wollte offensichtlich vermeiden, dass die Affäre zur umstrittenen Zusammenarbeit der Geheimdienste beider Länder den Gipfel überschattet. Schon vor Tagen hatte sie gesagt, sie werde mit Obama nicht über die Herausgabe der umstrittenen Suchbegriffe sprechen, die der US-Geheimdienst NSA dem Bundesnachrichtendienst zur Spionage gegen Politiker und Firmen übermittelt hatte.

Obama bei G-7 in Bayern: "Lederhose vergessen"
epa04787612 (L-R) EU Council President Donald Tusk, Japan's Prime Minister Shinzo Abe, Canada's Prime Minister Stephen Harper, US President Barack Obama, German Chancellor Angela Merkel, French President François hollande, Britain's Prime Minister David Cameron, Matteo Renzi, Prime Minister of Italy and Jean-Claude Juncker of President of the EU Commission stand for a group photo in Kruen, Germany, 07 June 2015. Heads of state and government of the seven leading industrialized nations (G7) are scheduled to meet in Elmau Castle, Bavaria, on June 7-8 as the climax of Germany's presidency of the G7. EPA/MICHAEL KAPPELER
Anschließend fuhren Kanzlerin und Präsident zum Tagungshotel Schloss Elmau, wo sie über die Ukraine und das Verhältnis zum russischen Präsidenten Wladimir Putin berieten. Themen waren außerdem die NATO und das geplante transatlantische Freihandelsabkommen TTIP.

Sanktionen gegen Russland

Was die Sanktionen gegen Russland anbelangt, waren sich Merkel und Obama offenbar schnell einig. Diese sollen nach übereinstimmender Auffassung Deutschlands und der USA so lange beibehalten werden, bis Moskau das Minsker Abkommen erfüllt und die Souveränität der Ukraine respektiert, wie das Weiße Haus am frühen Sonntagnachmittag mitteilte.

Griechenland steht zwar nicht auf der Tagesordnung des zweitägigen G-7-Spitzentreffens, soll aber laut Diplomaten am Rande zur Sprache kommen. Falls nicht rasch neue Finanzhilfen fließen, droht dem Euro-Krisenland die Pleite. Im Schuldenstreit drängt Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker auf neue Reformvorschläge aus Athen. "Ich habe den Alternativvorschlag noch nicht", so Juncker in Elmau. Er hoffe, dass der Text bald eintreffe.

Später empfing Merkel die übrigen Gipfelteilnehmer vor dem Luxushotel. Danach posierten die Staats-und Regierungschefs vor der Alpenkulisse zum sogenannten Familienfoto des Gipfels. Dieser eigentlich für 16.00 Uhr geplante Tagesordnungspunkt war vorgezogen worden, offensichtlich wegen drohender neuer Gewitter.

Proteste

Zeitgleich veranstalteten in Garmisch-Partenkirchen die Gegner des G-7-Gipfels ihren Sternmarsch in Richtung Schloss Elmau. Mehr als zweihundert Demonstranten starteten in der Früh mit Fahrrädern vom Garmischer Bahnhof aus. Mehrere hundert Protestteilnehmer wollten sich nach Angaben der Veranstalter kurz darauf zu Fuß auf den Weg machen. Weil den G-7-Gegnern ihre ursprünglich angemeldete Strecke nicht genehmigt worden war, muss der Sternmarsch vor dem von den Behörden festgelegten Sicherheitsbereich um Schloss Elmau enden. Dieser ist mehrere Kilometer um das Tagungshotel gezogen und liegt damit deutlich außerhalb der Hör- und Sichtweite des Treffens.

Am Sonntag musste die Polizei auch bereits eine Blockade der Bundesstraße 2 in Garmisch-Partenkirchen beenden und einige G7-Gegner weggetragen. Etwa ein Dutzend Aktivisten hatte sich im Ortsteil Höfle auf die Straße Richtung Elmau und Mittenwald gesetzt. Auf ihrem Plakat war zu lesen: „Wir sehen nur Einschüchterung, Abschottung und Willkür.“

Gerangel bei Protesten:

Obama bei G-7 in Bayern: "Lederhose vergessen"

GERMANY G7 SUMMIT
Obama bei G-7 in Bayern: "Lederhose vergessen"

GERMANY G7 SUMMIT
Obama bei G-7 in Bayern: "Lederhose vergessen"

Activists of Oxfam wearing traditional Bavarian cl
Obama bei G-7 in Bayern: "Lederhose vergessen"

Activists of Oxfam wearing traditional Bavarian cl
Obama bei G-7 in Bayern: "Lederhose vergessen"

Activists of Oxfam wearing traditional Bavarian cl
Obama bei G-7 in Bayern: "Lederhose vergessen"

G7 opponent and member of motorcycle club 'Kuhle W
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G7 opponents arrive for a demonstration in Garmisc
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A photographer takes pictures during an anti-G7 de
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Anti-G7 protestors clash with riot police during a
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Die Proteste gegen den G-7-Gipfel waren am Samstag mit mehreren tausend Teilnehmern in Garmisch-Partenkirchen weitgehend friedlich geblieben. Allerdings gab es bei einer Auseinandersetzung von Polizei und Demonstranten auf beiden Seiten mehrere Verletzte. Die Polizei setzte Pfefferspray und Schlagstöcke ein. Auch wurden bereits mehrere Gipfelgegner festgenommen. Sie seien in eine eigens für den Gipfel eingerichtete Gefangenensammelstelle gebracht worden, sagte eine Polizeisprecherin am frühen Sonntagmorgen. Eine Zahl nannte sie aber nicht. Das Aktionsbündnis "Stop G7 Elmau" schrieb auf Twitter von mindestens acht Personen.

Die bayerischen Trachtenvereine und Gebirgsjäger, die am Sonntag auf dem Rollfeld des Münchner Flughafens Spalier für den US-Präsidenten standen, waren im Vergleich zu Barack Obamas eigenem Tross eine kleine Schar: Der US-Präsident reist bei Staatsbesuchen immer mit einer Entourage von etwa 1000 Personen an – allein die Hälfte davon ist schwer bewaffnet. CIA-Agenten, ein Spezialkommando für Krisenfälle, ein eigens für ihn bereitgestelltes Ärzte- und OP-Team samt jenem Arzt, der auch seine Frau und die beiden Töchter betreut.

Dazu kommen zehn persönliche Wachmänner, die den US-Präsidenten bei jedem Schritt im Auge haben. Sie sitzen auch in der Air Force One , der Präsidenten-Maschine, und in den drei "Marine One"-Hubschraubern, die von den USA nach München verfrachtet und dort extra für den Gipfel zusammengebaut wurden.

Dazu kommen Barack Obamas Limousinen zum Einsatz: 45 Stück davon wurden auf Militärschiffen über den Atlantik geschickt. Die gerne als "Beasts" genannten Chevrolets wiegen jeweils acht Tonnen und sind mit Pumpguns, Tränengas-Granaten und sogar Blutkonserven ausgerüstet.

200 Mio. Dollar pro Tag

Der finanzielle Aufwand, den das Weiße Haus bei solchen Auslandsreisen betreibt, ist nicht öffentlich. Spekuliert wird aber, dass die Kosten bis zu 200 Millionen Dollar betragen – pro Tag.

Vor dem Bahnhof von Garmisch-Partenkirchen liegen am Sonntag Schuhe, Socken und Jacken zum Trocknen in der Morgensonne. In der Nacht zuvor hatten schwere Regenfälle das Protestcamp der Gipfelgegner unter Wasser gesetzt. Die sehen nun müde und abgekämpft aus.

Trotzdem haben sich einige Hundert G7-Kritiker versammelt. Sie möchten von hier aus so nah wie möglich an den Tagungsort heranmarschieren. "Wir wollen unsere Erfrischungsgetränke auf Schloss Elmau einnehmen", ruft einer der Organisatoren den Teilnehmern zu.

Mit Parolen zieht das Demo-Volk durch den Ort. Einheimische verfolgen das Spektakel am Straßenrand. Hannes Biehler erhält lauten Applaus von den Vorbeiziehenden. Er hat sich mit einem Schild an seinen Gartenzaun gestellt, das ihn als Gegner des Freihandelsabkommens TTIP outet. Mitmarschieren will er nicht. "Ich habe Angst vor Gewalttätigkeiten", sagt der Nebenerwerbsbauer und Zimmerwirt zum KURIER.

Am Samstagabend waren, wie berichtet, bei einer zuvor über Stunden friedlich verlaufenen Großdemonstration in dem Bergdorf Polizei und G7-Gegner aneinandergeraten. Beide wiesen einander danach die Schuld an der Eskalation zu und sprachen jeweils von Verletzten in ihren Reihen.

Kaum Polizeipräsenz gibt es hingegen bei dem sonntäglichen Marsch der Globalisierungs- und Kapitalismuskritiker. Vorne weg läuft ein Beamter, der beinahe wie ein uniformierter Bergführer wirkt. Die Demonstranten werden indes immer ruhiger, je steiler der Weg wird.

Gewitterwarnung

In einem kleinen Weiler machen sie erschöpft Pause. Fred Keller von der Bergwacht, die Wasser ausgibt, warnt die "autonome Wandergruppe" eindringlich vor dem, was noch kommt. "Es wird noch steiler. Bitte behaltet auch den Himmel im Auge. Für den Nachmittag sind wieder Gewitter gemeldet."

Die Gruppe geht weiter. Durchgängiges Rotorenrattern ist ständiger Begleiter an diesem Tag. In einem der Helikopter fliegt auch Obama ein. Als er mit Angela Merkel und Einheimischen Weißwurst isst (siehe oben), hat der Protest-Trupp gerade einmal ein Drittel des Weges hinter sich. Stunden später werden die Wanderer den Zaun erreichen, der Schloss Elmau auf einer Länge von 16 Kilometern abschirmt.

Im Tal blockieren Gesinnungsgenossen immer wieder die Straße, die zum Gipfelort führt. "Wir setzten kleine Nadelstiche", sagt einer der Bündnissprecher. Mehr scheint auch nicht möglich.

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