FN-Parteitag: Strache als Ehrengast bei Le Pen

Le Pen nimmt Strache in den Arm – sie hat Chancen auf die Präsidentschaft, er sieht sich am Ballhausplatz.
Der FPÖ-Chef sieht sich als baldiger Bundeskanzler.

Zwei ausländische Gäste wurden auf dem Parteitag des "Front National" in Lyon besonders gefeiert: der Vizepräsident der russischen Duma, Andrei Issaiew, und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache.

Wie anno dazumal, als die Kremlherren noch brüderliche Beziehungen mit ihren einstigen Verbündeten, den französischen Kommunisten, unterhielten, schmetterte Issaiev die Anrede "Liebe Genossen" in den Saal. Danach wetterte er gegen die "unbekannten Beamten der EU", die als "Hampelmänner der USA" wirken würden. Den scharfen anti-US- und anti-EU-Tonfall hatte Marine Le Pen vorgegeben: "Unser Europa reicht vom Atlantik zum Ural, und nicht von Washington bis Brüssel". Eine "neue Kooperation zwischen den Nationen" sei nötig.

Diese "neue Kooperation" scheint schon Gestalt anzunehmen. Jüngste Geldflüsse aus Moskau zum FN erinnern ebenfalls an die einstige Unterstützung des Kremls für linientreue kommunistische Parteien. So steht fest, dass der FN von der "First Czech-Russian Bank" mit Sitz in Moskau einen 9 Millionen Euro-Kredit erhalten hat.

Außerdem hat FN-Ehrenpräsident Jean-Marie Le Pen zwei Millionen von einer zypriotischen Firma überwiesen bekommen, die sich im Besitz eines Ex-KGB-Funktionärs befindet, wie das Online-Magazin Mediapart enthüllte. Laut Mediapart soll es sich dabei um einen Teil eines Gesamtkredits von 40 Millionen Euro handeln.

Strache ergänzte, die EU habe sich gegenüber Russland benommen, als "wäre sie längst der 51. amerikanische Bundesstaat". Den meisten Applaus erhielt er, als er erklärte: "Wer weiß, vielleicht darf ich in einigen Jahren als österreichischer Bundeskanzler die französische Präsidentin Marine Le Pen im Elysee-Palast besuchen und sie umgekehrt am Ballhausplatz willkommen heißen." Die illustre Gästerunde schloss ein bulgarischer Nationalist mit den Worten: "Nicht Conchita Wurst kann das Symbol Europas sein, sondern Jeanne d"Arc."

Möglicherweise erlebte Frankreich am vergangenen Wochenende bereits die entscheidende Weichenstellung für die nächsten Präsidentenwahlen. Diese sind zwar erst für 2017 vorgesehen, aber wegen der chronischen Führungsschwäche von SP-Staatschef Francois Hollande könnten sie auch schon früher stattfinden. Wenn bis dahin keine einschneidenden Änderungen eintreten, dürfte sich dann Frankreichs Wahlvolk zwischen dem zuweilen cholerischen konservativen Hardliner Nicolas Sarkozy und der nationalistischen EU-Hasserin Marine Le Pen entscheiden müssen.

Beide haben soeben ihre Kampagne de facto gestartet, ohne dass in anderen politischen Lagern derzeit eine Persönlichkeit in Sicht wäre, die ihnen noch ernsthaft in die Quere kommen könnte. Nicolas Sarkozy wurde am Samstag bei einer Urabstimmung der Mitglieder der konservativen Sammelpartei UMP zum Parteivorsitzenden gewählt. Der Ex-Staatschef errang mit 64,5 Prozent der abgegeben Stimmen „einen Sieg, aber keinen Triumph“, wie das Massenblatt Le Parisien titelte.

Überraschung

Ursprünglich hatten die Kreise um Sarkozy mit mindestens 70 Prozent Zustimmung gerechnet. Das nunmehrige, schwächere Ergebnis bedeutet, dass sich Sarkozy noch einer internen Vorwahl für die Präsidentschaftskandidatur stellen muss. Vorgesehen ist diese 2016. Dabei wäre Sarkozy aus heutiger Sicht wieder klarer Favorit. Zugleich dürften diese Vorwahlen aber auch den Zusammenhalt der UMP auf eine harte Probe stellen, weil sie den angesehenen und viel bedächtigeren bürgerlichen Gegenspieler von Sarkozy, den Ex-Premier und Bürgermeister Bordeaux Alain Juppé, Auftrieb geben werden. Wohl auch daher rührt Sarkozys Erklärung, er werde die intern zerstrittene UMP versöhnen, komplett neu aufstellen und mit einem neuen Namen versehen.

Dem gegenüber wurde Marine Le Pen am Sonntag auf dem Parteitag des „Front National“ (FN) quasi einstimmig im Amt als Parteivorsitzende bestätigt. Der FN war bei den EU-Wahlen mit fast 25 Prozent zur stimmenstärksten Partei avanciert. Laut aktuellen Umfragen könnte Marine Le Pen auch bei Präsidentenwahlen im ersten Durchgang mit bis zu 30 Prozent der Stimmen den Platz eins, noch vor Sarkozy, erringen. In der abschließenden Stichwahl für das französische Präsidentenamt hätte sie aber zumindest nach jetzigem Stand kaum Siegeschancen.

Ihr weiterer politischer Vormarsch dürfte von ihrer Fähigkeit abhängen, ihren 86-jährigen Vater und Hüter der rechtsrechten Parteisubstanz, Jean-Marie Le Pen, politisch zu entsorgen. Dafür gab es aber auf diesem Parteitag keinerlei Anzeichen. Andererseits würde sich aber auch Sarkozy wegen seiner rechten Schlenker und zahllosen Justizaffären bei der Stichwahl für den Elysée schwertun, jene liberalen und linken Wähler zu gewinnen, die er für einen klaren Sieg über Marine Le Pen brauchen würde.

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