Hunderte Flüchtlinge von Armee gestoppt

Migranten suchen durch einen Fluss den Weg nach Mazedonien.
Menschen versuchen verzweifelt einen Weg über die Grenze zu finden. Sie werden abgeschoben.

Die mazedonische Armee hat hunderte Flüchtlinge gestoppt, die die griechisch-mazedonische Grenze unerlaubt überquert haben. Die Soldaten schritten am Montag in der Nähe von Gevgelija ein und nahmen die Schutzsuchenden fest. Die Gruppe von rund 700 Flüchtlingen werde abgeschoben, gab das Innenministerium am späten Nachmittag bekannt.

Nach der Schließung der Balkanroute vor einer Woche haben die Flüchtlinge das provisorische Camp im griechisch-mazedonischen Grenzort Idomeni auf der Suche nach alternativen Übergängen verlassen. Wie Journalisten berichteten, wurden sie von griechischen Polizisten umringt. Laut Spiegel Online ist das Ziel eine Lücke in den Grenzanlagen nahe der griechischen Ortschaft Chamilo. Der Ort liegt etwa fünf Kilometer westlich von Idomeni. An dieser Stelle gebe es dem Anschein nach keinen Grenzzaun mehr, berichtete die Nachrichtenagentur dpa.

Keine offiziellen Angaben zur Anzahl der Menschen

Die Flüchtlinge sollen dafür durch einen eiskalten Fluss waten, dessen anderes Ufer noch etwa 500 Meter von der mazedonischen Grenze entfernt ist. Bei dem Versuch, den Fluss Suva in Mazedonien zu überqueren, waren bereits zuvor drei Afghanen - zwei Männer und eine Frau - ums Leben gekommen. 23 Personen soll es nach Angaben mazedonischer Medien gelungen sein, mazedonisches Staatsgebiet zu erreichen. Sie wurden in dem seit einer Woche leer stehenden Aufnahmezentrum Vinojug bei Gevgelija untergebracht, berichteten lokale Medien.

Hunderte Flüchtlinge von Armee gestoppt
Migrants wade across a river near the Greek-Macedonian border, west of the the village of Idomeni, Greece, March 14, 2016. REUTERS/Stoyan Nenov
Der Sprecher des UNO-Flüchtlingshochkommissariats UNHCR, Babar Baloch, erklärte, dass es keine offiziellen Angaben gebe, wie viele Personen das Camp verlassen haben. "Vielleicht 300, 500 oder bis zu tausend", so Baloch im Gespräch mit der APA. Das UNHCR habe zwar versucht über die Umsiedelungsprogramme der EU zu informieren und die Flüchtlinge zum Umzug aus der Zeltstadt in die umliegenden Flüchtlingslager zu bewegen. "Aber die Situation hier ist wirklich nicht einfach für sie. Wir haben in den vergangenen Tagen sehr viel Verzweiflung gesehen", schilderte der Sprecher. Die Flüchtlinge könnten "nicht zurück und nicht nach vor". "Was sind dann unsere Optionen?", hätten viele gefragt.

Im Lager ist die Lage dramatisch: Nach neuem Dauerregen ist das Zelt-Camp völlig verschlammt (mehr dazu in dieser Reportage). Zuletzt saßen dort bis zu 14.000 Menschen fest.

Am Samstag - fast eine Woche nach dem EU-Gipfel - informierten die griechischen Behörden erstmals offiziell, über ein Flugblatt, über die faktische Schließung der Balkanroute, so Baloch. Die Informationslage in Idomeni ist denkbar schlecht, es kursieren viele Gerüchte, die oftmals Menschenhändler für sich nutzen.

Die Flüchtlinge, die nun ihr Glück über alternative, illegale Routen versuchen, stammen offenbar vorwiegend aus Syrien, dem Irak und Afghanistan. Bei der Querung des Flusses halfen junge Männer schwächeren Flüchtlingen, damit diese nicht von der Strömung mitgerissen wurden. Später zogen griechische Bereitschaftspolizisten auf und teilten den Menschen mit, dass ihr Vorhaben sinnlos sei: Auf mazedonischer Seite würden die Flüchtlinge bereits erwartet und von den dortigen Behörden wieder zurück über die Grenze nach Griechenland gebracht. Die Bereitschaftspolizisten versuchten zwar, die Gruppe aufzuhalten, ließen sie dann aber passieren, ohne Gewalt anzuwenden.

"Extrem wachsam"

Die Staats- und Regierungschefs der EU wollen nach der Schließung der Balkanroute einem Entwurf zufolge alternative Wege von illegal einreisenden Migranten nach Europa verhindern. Man müsse "extrem wachsam" wegen neuer Routen sein, hieß es in einem auf Montag datierten Entwurf für die Abschlusserklärung des EU-Gipfels Ende dieser Woche.

Die EU sei entschlossen, alle Maßnahmen zu ergreifen, die nötig werden könnten. Neben der Mittelmeer-Route von Libyen nach Süditalien rückt für die EU auch die bulgarische Grenze stärker in den Fokus, nachdem die Westbalkan-Staaten und Österreich ihre Einreisebestimmungen deutlich verschärft hatten. In dem Gipfelentwurf werden die EU-Mitgliedsländer zudem dazu aufgerufen, mehr Aufnahmeplätze für in Griechenland gestrandete Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen, da mittlerweile die Zahl der Antragsteller das Volumen der angebotenen Plätze übersteigt.

Von den bis zu 160.000 Menschen, die vornehmlich aus Griechenland und Italien in andere EU-Länder gebracht werden sollen, wurden bisher weniger als 1.000 verteilt. Grund dafür war einerseits das mangelnde Platzangebot von EU-Staaten, andererseits die Weigerung von Flüchtlingen, sich statt nach Deutschland oder Schweden in andere Mitgliedsländer bringen zu lassen. Die EU-Kommission will mindestens 6.000 Flüchtlinge pro Monat verteilen.

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