Grenzzäune läuten Ende der "Willkommenskultur" ein

Slowenische Soldaten bauen einen Stacheldrahtzaun an der Grenze zu Kroatien.
Slowenien begann mit dem Bau eines Zauns an der Grenze zu Kroatien. Die Unsicherheit in den Ländern der EU ist hoch.

In der Morgensonne rollten die Lkw in dem kleinen slowenischen Dorf Veliki Obrez an der Sotla ein und luden den Stacheldraht ab, der in Zukunft Flüchtlinge davon abhalten soll, über die Grüne Grenze von Kroatien nach Slowenien zu wandern.

Wie am Vortag angekündigt, begannen slowenische Soldaten am Mittwoch, einen Stacheldrahtzaun aufzustellen. Insgesamt soll der Zaun rund 80 der 660 Grenzkilometer absperren. Die Grenze solle zwar "offen bleiben", betonte Ljubljana, man wolle damit aber den Zustrom kontrollieren. Der Zaun soll ein halbes Jahr lang stehen. Slowenien habe die "Pflicht, die Schengen-Außengrenze zu sichern", so Außenminister Karl Erjavec bei einem Treffen mit Sebastian Kurz am Mittwoch in Wien. Dieser zeigte "absolutes Verständnis" für den Zaunbau.

Als Ungarn vor zwei Monaten einen Zaun an der 175 km langen Grenze zu Serbien aufgestellt hatte, verschob sich die "Balkanroute". Jetzt kommen Flüchtlinge via Kroatien vermehrt nach Slowenien – rund 7000 sind es pro Tag. Und dann nach Österreich.

Die scheidende Regierung des südlichen Nachbarn Kroatien versuchte, seine Bürger zu beruhigen. Die Kooperation mit Slowenien bezüglich des Transits der Flüchtlinge solle fortgesetzt werden. Doch die Stimmung ist gespannt. Slowenien hatte Kroatien wiederholt vorgeworfen, sich nicht an Absprachen zu halten. Kroatische Beamte hätten Flüchtlinge immer wieder über nicht vereinbarte Punkte über die Grenze nach Slowenien geschickt. Dies solle jetzt unterbunden werden.

In Ljubljana hofft man ausdrücklich, dass der slowenische Vorstoß auch die südlicheren Länder entlang der Balkanroute auf den Plan ruft. Weitere Zäune in Kroatien, Serbien und Mazedonien würden den Weg der Flüchtlinge in Richtung Norden kontrollierbarer machen.

"Geldverschwendung"

Doch die bisherige Regierung in Zagreb lehnt Grenzzäune (noch) ab. Innenminister Ranko Ostojic nannte den slowenischen Zaun am Mittwoch "unnötige Geldverschwendung".

Doch sollte sich ein "Rückstau" der Flüchtlinge – die nun nicht mehr ungehindert nach Norden reisen können – ergeben, sei das nicht mehr zu rechtfertigen, glaubt Balkanexperte Florian Bieber von der Uni Graz. "Warum sollte man großzügig sein, wenn andere es nicht sind", so das Motto.

Slowenische Medien sprachen nach den Ereignissen von Mittwoch von einer "symbolischen" Schließung der Grenze. Das sei das "Ende eines offenen Europas", schrieb die Zeitung Delo. Auch die ungarische linksliberale Nepszabadsag stufte die Entwicklungen als "Ende der Gemeinschaft" ein.

Außenminister Kurz warnte am Mittwoch davor, dass immer mehr Staaten dazu übergehen werden, ihre Grenzen national zu kontrollieren, solange die EU-Außengrenze nicht ausreichend geschützt werde.

Balkanexperte Bieber weiß: Es herrsche eine große Unsicherheit bei den Regierungen auf dem Balkan, weil aus der EU und vor allem von Deutschland widersprüchliche Signale kämen. Jede Regierung fürchte sich vor einem anwachsenden Rückstau, wenn sie die letzte wäre, die die Grenzen dicht mache.

Apropos Rückstau: Zwischen Bayern und Österreich werde es keinen Zaun geben, sagte der bayerische Finanzminister Markus Söder am Mittwoch in Wien.

Zuletzt schien sich auch in Deutschland ein Ende der "Willkommenskultur" abzuzeichnen. Offenbar ohne das Wissen Angela Merkels: Am Dienstag hatte das deutsche Innenministerium bekanntgegeben, das es das "Dublin-Verfahren" für syrische Flüchtlinge wieder einsetze – Merkel soll nicht über die Entscheidung informiert worden sein. Das Verfahren war im August ausgesetzt worden. Nun können Syrer, die in Deutschland aufgegriffen werden, wieder in jenes Land zurückgeschickt werden, in dem sie zuallererst EU-Boden betreten haben.

"Dublin ist tot"

Das rief wiederum Ungarns Regierung auf den Plan. Sie will keine Flüchtlinge aus EU-Ländern zurücknehmen, auch wenn sie zuerst in Ungarn die EU betreten haben. "Das Dublin-System ist tot", sagte Außenminister Peter Szijjarto am Mittwoch.

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