Erdbeben: Italien will Ausnahme von EU-Stabilitätskriterien

Das schwer getroffene Amatrice in Mittelitalien
Die italienische will Milliarden in Präventionsmaßnahmen stecken. Ex-Premier Romano Prodi fordert einen 30-Jahres-Plan für Italien.

Nach dem schweren Erdbeben mit mindestens 291 Toten in Italien hat die Regierung von der EU eine Lockerung der Stabilitätskriterien verlangt. So könnten zusätzliche Gelder in die Erdbebensicherung von Gebäuden fließen, hieß es am Sonntag aus Regierungskreisen. Italiens Ex-Regierungschef Romano Prodi forderte einen 30-Jahresplan für sein Land.

"Es geht nicht darum, willkürlich Geld auszugeben", sagte der stellvertretende Wirtschaftsminister Enrico Zanetti der italienischen Tageszeitung La Stampa. Vielmehr wolle man mit notwendigen Investitionen auf die Erdbebengefahr reagieren.

Milliardenkosten

Der Wiederaufbau in den Erdbebengebieten könnte nach Einschätzung von Fachleuten Milliarden Euro kosten und Jahre dauern. Außerdem entsprechen nach Berechnungen des Nationalen Ingenieurrats mehr als 50 Prozent der Privatwohnungen nicht den vorgegebenen Sicherheitsbestimmungen. Die Erdbebensicherung von Wohngebäuden in den am meisten gefährdeten Gegenden allein könnte demnach bis zu 36 Milliarden Euro kosten.

In den EU-Defizitregeln gibt es bereits Ausnahmen bei Naturkatastrophen und Wiederaufbau. Die Regierung in Rom will nun um eine Ausweitung der Regeln auf die präventive Erdbebensicherung bitten, sagte Claudio De Vincenti, Staatssekretär im Amt von Regierungschef Matteo Renzi, in einem Interview der Tageszeitung Il Messagero. Es handle sich um einen Schritt, den Europa tun müsse.

30-Jahres-Plan

Der frühere italienische Regierungschef und EU-Kommissionspräsident Romano Prodi hat nach der Erdbebenkatastrophe einen 30-Jahresplan für sein Land gefordert. "Wir dürfen uns nicht von Emotionen leiten lassen, die uns so oft ergriffen und dann wieder verlassen haben", betonte Prodi in "Il Messagero" vom Sonntag.

Erdbeben: Italien will Ausnahme von EU-Stabilitätskriterien
Former Italian Prime Minister Romano Prodi delivers a lecture at the Russian Foreign Ministry's Reception House in Moscow, Russia, March 17, 2016. REUTERS/Maxim Zmeyev
In den stark erdbebengefährdeten Regionen sei "ohne Vernunft und Voraussicht" gebaut worden, kritisierte Prodi. Dies müsse sich ändern. Er forderte konkrete Regeln für Programme und Finanzmittel und klare Zuständigkeiten von Staat, Regionen und Kommunen. "Unser Ziel darf nicht mehr sein, die Städte und Dörfer um jeden Preis zu erweitern, sondern das, was existiert, sicher zu machen."

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