Brok: EU soll nicht weiter über Vollbeitritt verhandeln

"Es wäre hilfreich", wenn die Ukraine auf den NATO-Beitritt verzichtet, sagt EU-Abgeordneter Brok.
Europa-Abgeordneter Elmar Brok (CDU) verlangt eine Änderung des Mandats für die Türkei-Verhandlungen.

Er ist der "Mister Außenpolitik" im Europäischen Parlament. Elmar Brok gilt als enger Vertrauter von Bundeskanzlerin Angela Merkel und zählt zu den mächtigsten Abgeordneten. Die EU-Ambitionen der Türkei sieht er äußerst skeptisch. Die bisherige Nachbarschaftspolitik der EU ist für ihn gescheitert.

KURIER: Johannes Hahn ist künftig für Nachbarschaftspolitik und Erweiterung zuständig. Was raten Sie ihm?

Elmar Brok: Er muss eine Generalanalyse der Nachbarschaftspolitik machen, die ja nicht erfolgreich war. Die Beitrittsverhandlungen mit den Balkanländern gehören weitergeführt, aber kein Land ist reif, um bis 2020 Mitglied zu werden. Zur Nachbarschaftspolitik gehört auch der Süden. In Nordafrika hat die EU viele Projekte finanziert, Integrations- und Wachstumswirkung gab es keine.

Sollen die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei fortgesetzt werden?

Man muss sich das Mandat anschauen. Das Mandat lautet, dass Verhandlungen mit dem Ziel des Vollbeitrittes geführt werden. Wenn es aber während der Verhandlungen zu Schwierigkeiten kommt, und die gibt es, muss das Mandat geändert werden. Das soll einvernehmlich mit der Türkei geklärt werden. Die Verhandlungen sollen Richtung EWR gehen. Ich bezweifle, dass die Türkei im Falle einer Mitgliedschaft einem Souveränitätsverzicht zustimmt, ich bezweifle, dass sie die Grundrechte-Charta anerkennt.

Russlands Präsident Wladimir Putin wurde kürzlich euphorisch in Belgrad empfangen. Was heißt das für den EU-Beitrittskandidaten Serbien?

Die Serben sind sich dessen bewusst, dass sie eine Balance zwischen EU und Russland zu halten haben. Die Regierung in Belgrad wird sich vielleicht an den EU-Sanktionen gegenüber Russland beteiligen.

Positiv ist, dass die Regierung ernsthaft eine Lösung mit dem Kosovo sucht.

Sie waren am Majdan. Haben Sie eine Prognose zu den bevorstehenden Ukraine-Wahlen?

Die pro-europäischen Kräfte werden gewinnen. Es braucht eine Dezentralisierung des Landes, aber keine Autonomiebestrebungen nach russischen Wünschen und keine Sonderregelungen für die Ostukraine.

Sollte die Ukraine auf einen NATO-Beitritt verzichten?

Das wäre hilfreich. Es müsste allen klar sein, dass gegenwärtig die Forderung nach einer NATO-Mitgliedschaft falsch ist. Es gilt der NATO-Beschluss von 2008, die Ukraine nicht aufzunehmen.

Bekommt Junckers Team heute, Mittwoch, die Zustimmung des EU-Parlaments?

Es gibt den Willen der Europäischen Volkspartei, der Sozialdemokraten und der Liberalen. Die Bestellung der neuen Kommission ist ein Erfolg des Parlaments, das Machtgefüge in der EU hat sich verändert. Das Parlament hat bei der Bestellung der Kommissare mehr Rechte als jedes nationale Parlament, das nicht über Minister entscheiden dürfen.

Juncker hat der Kommission eine neue Struktur gegeben. Ist das sinnvoll?

Das System der Vize-Präsidenten ist genial. Es wird viel weniger Gesetzesvorschläge und Regelungen geben. Jeder Kommissar muss seine Vorschläge dem Vizepräsidenten vorlegen. Der Erste Vizepräsident Timmermans hat ein komplettes Vetorecht.

Wie stehen Sie zum Freihandelsabkommen mit den USA?

Wirtschaftlich ist das notwendig, das Handelsvolumen EUUSA beträgt täglich zwei Milliarden Euro. Dass die Einhaltung von Standards einem Schiedsgericht unterworfen wird, ist eine Erfindung. Das EU-Parlament und der US-Kongress müssen den Vertrag ratifizieren. Wir werden darüber diskutieren und verantwortlich entscheiden. Wir haben auch das Swift-Abkommen (Finanzdaten-Austausch EU-USA)in der ersten Fassung abgelehnt. Die Bürger können beruhigt sein.

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