Dublin: Deutschland schickt Syrer wieder zurück

Dublin: Deutschland schickt Syrer wieder zurück
Deutsche Politik setzt ein neues Signal in Flüchtlingspolitik nach internem Streit. Mikl-Leitner erfreut.

In Deutschland zeichnet sich eine Kehrtwende in der Flüchtlingspolitik ab – weg von der seit Monaten praktizierten Anerkennung aller syrischen Flüchtlinge: Die Welt meldete, dass syrische Flüchtlinge wieder nach dem sogenannten Dublin-Verfahren in andere EU-Länder zurückgeschickt werden, also in jene, über die sie in die EU eingereist sind. Das bestätigte ein Sprecher des Innenministeriums: Das Dublin-Verfahren werde seit 21. Oktober für alle Herkunftsländer und Mitgliedstaaten, außer Griechenland, angewendet. Im August hatte Deutschland das Dublin-Verfahren für Syrer ausgesetzt.

Zuvor hatte es innerhalb der Union grobe Irritationen über den weiteren Kurs gegeben. Innenminister Thomas de Maizière hatte Ende vergangener Woche von einem nötigen schwächeren Schutzstatus für syrische Flüchtlinge gesprochen. Er wurde von der Parteispitze zurückgepfiffen, von Finanzminister Wolfgang Schäuble aber unterstützt: "Unsere Aufnahmekapazität ist ja nicht unbegrenzt."

Am Montag ließ Kanzlerin Merkel ihrem Innenminister dann plötzlich das Vertrauen aussprechen; und es war von Begrenzung des Familiennachzugs die Rede.

In den Umfragen fiel die Union indes weiter auf 34 Prozent, die SPD auf 24, die rechte AfD ist erstmals zweistellig, bei zehn Prozent.

"Mikl-Leitner: Signal, auf das wir gewartet haben"

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner hat die Entscheidung Deutschlands, syrische Asylbewerber wieder nach dem Dublin-Verfahren in andere EU-Länder zurückschicken, begrüßt. "Das wäre das Signal, auf das wir die letzten Wochen gewartet haben – der Wendepunkt von der grenzenlosen Willkommenskultur zurück zu einer Kultur der Vernunft und des Augenmaßes", teilte sie am Dienstagabend der APA mit.

Dublin: Deutschland schickt Syrer wieder zurück
ABD0035_20151110 - WIEN - ÖSTERREICH: Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) anl. des Ministerrates am Dienstag, 10. November 2015, im Bundeskanzleramt in Wien. - FOTO: APA/HELMUT FOHRINGER
"Ich habe immer gewarnt, dass das ersatzlose Streichen Dublins zu einer Verschärfung der Schieflage in Europa führt. Genau damit hat Europa jetzt zu kämpfen. Ich habe auch immer gesagt, dass Österreich weiterhin an Dublin festhält. Dementsprechend laufen aktuell auch rund 3700 Dublin-Prüfungen in Österreich", bekräftige Mikl-Leitner. "Es ist gut, dass jetzt auch Deutschland wieder gänzlich zum Dublin-System zurückkehren will. Jetzt ist es aber notwendig, diese Nachricht auch deutlich in die Welt zu senden, damit sie auch wirkt."

Nach der Dublin-Verordnung muss ein EU-Staat jeden ankommenden Flüchtling und Asylbewerber registrieren und seine Fingerabdrücke nehmen. Dann ist dieses Land, in dem der Migrant erstmals den Boden der Europäischen Union (EU) betreten hat, auch für den Asylantrag zuständig.

Wird der Betreffende in einem anderen EU-Staat aufgegriffen, kann er von dort in das erste Land zurückgeschickt werden. In der Praxis hakt das 1990 von damals zwölf EU-Staaten in Dublin unterzeichnete Asylverfahren, weil sich eine ganze Reihe von Staaten nicht an die Regeln hält. So hatte Deutschland die sogenannten Dublin-Überstellungen nach Griechenland schon vor Jahren wegen der schwerwiegenden Mängel des griechischen Asylsystems ausgesetzt. Das Dublin-System soll nun reformiert werden.

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