BND beendet Überwachung für NSA

Radarkuppeln auf dem Gelände der Bad Aibling Station bei Bad Aibling
Das deutsche Bundesamt für Verfassungsschutz soll die Liste der abgefragten Suchbegriffe angefordert haben.

Als Reaktion auf die Spionageaffäre hat der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) nach einem Medienbericht die Zusammenarbeit mit dem US-Geheimdienst NSA drastisch eingeschränkt. Nach Informationen von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR wird seit Beginn dieser Woche in der Station in Bad Aibling kein Internet-Verkehr, der bisher an den US-Geheimdienst weitergeleitet wurde, mehr erfasst.

Die Rheinische Post meldet außerdem unter Berufung auf Regierungskreise, dass die Zusammenarbeit innerhalb der nächsten Monate auf eine neue "formalisierte" Grundlage gestellt werden solle.

BND fordert Begründung für Überwachung

Laut Süddeutscher, NDR und WDR hat der BND in Absprache mit dem Kanzleramt zuvor eine Forderung an die USA übermittelt: Zu jeder Person oder Institution, die die NSA an die Deutschen übermittelt hatten, müsse eine ausdrückliche Begründung für die Überwachung geliefert werden. Die Aufforderung sei eine Reaktion auf die jüngsten Enthüllungen gewesen, wonach der BND der NSA über Jahre geholfen haben soll, europäische Unternehmen und Politiker auszuforschen.

Nach kurzer Prüfung habe die NSA erklärt, keine Begründungen liefern zu können. Dies sei in kurzer Zeit kaum möglich.

Nur noch Fax und Telefon

Mit dem Ende der Internet-Erfassung würden im bayerischen Bad Aibling, wo 120 Mitarbeiter des BND sowie einige NSA-Techniker arbeiten, nur noch Fax-Verkehre und Telefongespräche abgefangen. Anders als bei Internet-Suchbegriffen habe die NSA hierfür bereits in der Vergangenheit eine Begründung für die geplante Überwachung liefern müssen, heißt es in diesem Bericht weiter.

Die Tageszeitung Die Welt (Donnerstag) berichtete indes unter Berufung auf Sicherheitskreise, dass das deutsche Bundesamt für Verfassungsschutz vom Bundesnachrichtendienst die Liste der vom US-Geheimdienst NSA beim BND eingeschleusten Suchbegriffe angefordert habe. Geprüft werden solle, ob deutsche Bürger, Institutionen und Konzerne im Visier der NSA standen.
Laut Medienberichten soll der BND jahrelang neben der EU-Kommission und europäischen Konzernen auch österreichische Behörden ausspioniert haben. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hatte deshalb Anzeige "gegen Unbekannt" erstattet, mehr dazu hier.

U-Ausschuss

Im deutschen Bundestag läuft derweil die Sitzung des NSA-Untersuchungsausschusses. Und ähnlich wie in Österreich gab es erst einmal einen Streit über die Notwendigkeit der Geheimhaltung bei der Befragung von Zeugen. "Wir haben keine Chance, die Zeugen zu den relevanten Fragen zu vernehmen", sagte die Linken-Abgeordnete Martina Renner kurz nach Beginn der Befragung eines leitenden Mitarbeiters des Bundesnachrichtendiensts (BND). "Diese Geheimhaltung schützt jetzt diejenigen, die Rechtsbruch begehen." Auch der Grünen-Abgeordnete Konstantin von Notz zeigte sich empört. "Jede relevante Frage wird hier interveniert aus dem Bundeskanzleramt, das ist problematisch."

Bei der Zeugenvernehmung war ein Mitarbeiter des Bundeskanzleramts präsent, der wiederholt bei Fragen der Abgeordneten an den BND-Zeugen intervenierte: Der Zeuge könne sich allenfalls in nicht-öffentlicher Sitzung zu Details der sogenannten Selektoren äußern, mit denen die Nachrichtendienste bestimmte Ziele ausforschen. Diese Geheimhaltung gelte etwa für Antworten auf Fragen zu Art und Zahl der Selektoren, ihrer Übermittlung und ihrer Speicherung. Die "Preisgabe nachrichtendienstlicher Informationen" könne "erhebliche Nachteile für die Bundesrepublik Deutschland haben", begründete der Kanzleramtsvertreter sein Eingreifen.

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