Mehr Europa, weniger Flüchtlinge

Ein Referendum in Dänemark über eine Ausnahme von der EU wird zu einem Votum auch über die EU.

Offiziell geht es nicht um das Flüchtlingsthema, sondern um Europa. Genauer: Um das Verhältnis des EU-Mitglieds Dänemark zur Union. Noch genauer: Bei einem Referendum stimmen die Dänen am Donnerstag darüber ab, ob eine der Ausnahmen, die sich Dänemark seinerzeit für seinen EU-Vertrag ausgehandelt hat, endet. Ohne ein "Ja" läuft die Zusammenarbeit mit der Europol und in wichtigen Fragen der Innen- und Justizpolitik aus; mit einem "Ja" würde dem Parlament in Kopenhagen erlaubt, über EU-Fragen zu entscheiden, ohne wie bisher das Volk fragen zu müssen.

Lange sah es nach einem "Ja" aus, dann kam das ... – Flüchtlingsthema.

Seit Juni regieren die Liberalen, deren Regierungschef Lars Rasmussen das Referendum von seiner Vorgängerin Helle Thorning-Schmidt (Sozialdemokraten) geerbt hat. Rasmussen ist auf die Unterstützung der in der Flüchtlingskrise immer stärkeren rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei angewiesen. Während der Premier für ein "Ja" beim Referendum wirbt, ist die Volkspartei für ein "Nein". Denn ein "Ja" hieße auch die Übernahme von mehr als 20 weiteren EU-Vorschriften, darunter Maßnahmen zur Cyberkriminalität und ein Vollbeitritt zum Schengener Abkommen.

Die Angst der Dänen vor einer gemeinsamen Asylpolitik in der EU ist groß. Rasmussen hat vor dem Referendum betont, dass die dänischen Ausnahmen in Asyl- und Migrationsfragen und das Veto-Recht (nach Referendum) blieben, "bis die Sonne ausbrennt". Er steht unter Druck der Volkspartei, die keine Flüchtlinge ins Land lassen, keine Entscheidungsgewalt an Brüssel abgeben will.

Asylgesetze verschärft

Dazu passt, dass die dänische Regierung gerade die Asylgesetze verschärft hat (begrenzte Aufenthaltserlaubnis für anerkannte Flüchtlinge, Familiennachholung erst nach drei Jahren, zwangsweise Festhaltung zur Identitätsbestimmung, etc.). "Wir beschränken den Zugang zu Dänemark, damit weniger Menschen herkommen", sagte Rasmussen bei der Vorstellung der Maßnahmen Mitte November. Dabei ist anders als in Schweden und Deutschland die Zahl der Asylanträge in Dänemark heuer nur leicht gestiegen. "Während Länder um uns herum eine Explosion der Asylbewerberzahlen gesehen haben, sind die Entwicklungen bei uns mehr unter Kontrolle geblieben", sagte Rasmussen. Das heißt: 3600 Anträge im Oktober, 1200 in der ersten Novemberwoche.

Dennoch geht es beim Referendum am Donnerstag am Ende eben wohl doch auch ums Flüchtlingsthema. Sagten Umfragen bisher ein klares "Ja" voraus, halten sich Befürworter und Gegner in Sachen Europol jetzt die Waage, und die Zahl der Unentschlossenen wächst.

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