USA

Chinas Jagd nach Abtrünnigen in den USA

Anhaltend frostige Stimmung zwischen China und den USA: Vizepremier Wang Yang (li.) und US-Außenminister John Kerry im Juni in den USA.
Washington ist erzürnt: Peking lässt auf US-Boden Landsleute aufspüren.

ie reisen als vermeintliche Touristen oder mit Handelsvisa in die Vereinigten Staaten ein. Doch die überwiegend jungen chinesischen Männer, allesamt Mitarbeiter von Pekings Ministerium für öffentliche Sicherheit, sind Undercover-Agenten. Ihr Auftrag: Chinesische Landsleute, die sich nach diversen Vergehen in die USA abgesetzt haben, aufspüren und sie zur Heimkehr „bewegen“.

„Fuchsjagd“ nennt man in Peking diese geheime Operation. Die aber wurde offenbar in jüngster Zeit so auffällig, dass Washington nach Angaben der New York Times nun hochoffiziell warnte: Die Aktion habe sofort gestoppt zu werden.

Sonderlich beeindruckt zeigte sich Peking davon nicht. Staatsnahe Medien berichteten sofort, dass chinesische Agenten rund um den Globus mit dem selben Auftrag unterwegs seien. So seien seit dem Vorjahr 930 Verdächtige wieder nach China gebracht worden, 70 davon seien heuer sogar freiwillig heimgekehrt.

In Peking sieht man „Operation Fuchsjagd“ als einen Teil des von Präsident Xi Jinping breit angelegten Kampfes gegen die Korruption (siehe unten). Wie die Gesuchten, die über teils sehr erheblichen Wohlstand im Ausland verfügen, dazu „überredet“ werden, wieder nach China zurückzukehren, ist nicht ganz klar. Ein hoher Beamter des Sicherheitsbüros von Schanghai hatte einem chinesischen Wochenmagazin allerdings vor Kurzem erklärt: „Ein Flüchtiger ist wie ein Papierdrache. Auch wenn er sich im Ausland aufhält, bleibt die Schnur in China. Über seine Familie kann er immer gefunden werden.“

Keine Auslieferungen

Die USA haben mit China kein Auslieferungsabkommen. Die chinesischen Ermittler dürfen deshalb rechtlich nicht gegen die Verdächtigen vorgehen.

Offensichtliche Einschüchterungstaktiken der chinesischen Agenten richten sich aber nicht nur gegen vermeintliche Korruptionsverdächtige, sondern auch gegen Chinesen, denen Peking „politische Verbrechen“ vorwirft.

Wenn Präsident Xi Jinping im kommenden Monat zum Staatsbesuch bei Präsident Barack Obama nach Washington reist, dürfte „Operation Fuchsjagd“ ein topaktuelles Gesprächsthema sein. Ebenso wie ein Hackerdiebstahl von Millionen Daten amerikanischer Beamter, darunter auch hochsensible Informationen über einige Geheimdienstmitarbeiter. Die Spur, so meint man in Washington mit Sicherheit zu wissen, führe eindeutig nach Peking.

Kaum an der Macht, hatte Chinas Präsident Xi Jinping sofort seinen persönlichen Feldzug eröffnet: den Kampf gegen die Korruption. Mehr als 100.000 bestechliche Kader wurden in den vergangenen zweieinhalb Jahren verhaftet – darunter viele kleine Beamte, aber auch allerhöchste, später in Ungnade gefallene Politiker.

So wurde im Juni der frühere, extrem mächtige Sicherheitschef Zhou Yongkang zu lebenslanger Haft verurteilt. Wenige Wochen später nahm die Polizei den ehemaligen Präsidentenberater Ling Jihua fest. Auch der Ex-Bürgermeister der Millionenstadt Nanking, Ji Jiany, muss wegen Korruption für anderthalb Jahrzehnte ins Gefängnis.

Finanziell hat sich der Kampf des Reiches der Mitte gegen die Korruption bereits ausgezahlt, wie staatliche Medien berichten. Demnach hat sich der Staat umgerechnet rund fünf Milliarden Euro wieder zurückgeholt, die vorher durch Bestechung verloren gegangen waren. Korrupte Beamte und Funktionäre mussten unrechtmäßig erworbenes Land und Eigentum an den Staat zurückgeben. Auch illegale Steuerbegünstigungen für Firmen und Privatpersonen hatten refundiert zu werden.

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