Geisel-Mord: Cameron sagt IS den Kampf an

Großbritannien trauert: Terrormiliz droht mit weiterer Ermordung.

Wir werden alles tun, um diese Mörder zu jagen und sie zur Rechenschaft zu ziehen", sagte der britische Premier David Cameron unmittelbar nach Bekanntwerden eines grauenhaften Videos von der Ermordung einer britischen Geisel: Alan Henning, früher Taxifahrer in Nordengland, wurde von der Terrormiliz Islamischer Staat geköpft. Das löste Trauer und vor allem auch eine Welle der Empörung in Großbritannien aus.

Der 47-jährige Henning hatte im Vorjahr dem Leid der Menschen im Bürgerkriegsland Syrien nicht mehr tatenlos zusehen wollen. Daher beantragte der Taxifahrer Urlaub, ließ seine Frau und zwei Kinder im Teenager-Alter zurück, und machte sich auf den Weg, um dringend benötigte Hilfsgüter ins syrische Krisengebiet zu bringen. Zu Weihnachten 2013 nahmen Terroristen den Briten als Geisel. Am Freitag enthaupteten sie den Briten.

Der mutmaßliche Mörder, der auf dem Gräuelvideo zu sehen ist, spricht in seiner Botschaft mit britischem Akzent und richtet sich direkt an Cameron: "Das Blut von David Haines (zuvor enthauptete britische Geisel, Anm.) war an deinen Händen, Cameron. Alan Henning wird ebenfalls geschlachtet, aber sein Blut kleb an den Händen des britischen Parlaments." Das Parlament hatte den Luftangriffen auf die IS zugestimmt.

Krisentreffen

"Abscheulich und barbarisch" nannte Cameron das Vorgehen der IS und berief Samstagfrüh ein Krisentreffen ein. Auf seinem Landsitz Chequers beriet er mit Geheimdienstleuten, Mitarbeitern der Armee und des Außenministeriums das weitere Vorgehen. Wie das aussehen könnte, blieb offen. Cameron versicherte, es werde alles getan, "um diese Organisation zu besiegen, die Menschen auf eine zutiefst unbarmherzige, sinnlose und barbarische Art behandelt".

Wie in früheren IS-Videos wird auch im jüngsten eine weitere Geisel als mögliches neues Opfer vorgeführt. Laut Washington Post handelt es sich dabei um einen 26-jährigen früheren US-Elitesoldaten, der bis 2007 im Irak-Einsatz war. Er sei 2013 bei einer Hilfsaktion in Syrien gefangen genommen worden. Zwei US-Journalisten hat der IS bereits enthauptet.

Derweil gingen die Gefechte um die in Nordsyrien gelegene kurdische Enklave Kobane zwischen kurdischen Kämpfern und der IS weiter. Drei Angriffsversuche der IS-Miliz seien in der Nacht zu Samstag verhindert worden, sagte ein Kurdensprecher. Er beklagte aber zugleich, dass die Luftangriffe der US-geführten Koalition nicht ausreichten, um die Miliz bei Kobane zu vertreiben. Der IS versucht seit Tagen, die von Kurden verteidigte Stadt an der Grenze zur Türkei einzunehmen.

Für Deutschland bleiben auch Luftangriffe, geschweige denn Bodentruppen tabu. Aber Berlin will im Schulungsbereich sein militärisches Engagement im Nordirak deutlich ausweiten. Geprüft wird der Aufbau eines militärischen Ausbildungszentrums in Erbil oder die Beteiligung am Training von Bagdads Streitkräften, wie das Verteidigungsministerium in Berlin bestätigte.

Hintergrund: Karim El-Gawhary glaubt, der IS-Terror nicht militärisch bekämpfbar -Der Nahost-Experte fordert politische Lösungen durch regionale Mächte.

Das Leid der Bürgerkriegsflüchtlinge in Syrien konnte Alan Henning nicht einfach mit ansehen. Der Taxifahrer aus dem nordenglischen Salford bei Manchester ließ sich beurlauben, ließ seine Frau und die beiden Kinder im Teenager-Alter zurück und machte sich auf den Weg, um dringend benötigte Hilfsgüter in das Krisengebiet zu liefern.

Kurz bevor er im Dezember von Terroristen entführt wurde, erklärte Henning in einem Video, was ihn antrieb: "Unser Opfer ist nichts im Vergleich zu dem, was sie Tag für Tag durchmachen." Zu sehen, dass das Benötigte auch wirklich ankomme, sei den ganzen Aufwand wert. Als "friedlichen, selbstlosen Mann" beschrieb seine Frau ihn später in einem ihrer verzweifelten Appelle an die Entführer.

Warnungen und Bitten von Freunden, Kollegen und Ortskundigen, die Grenze nach Syrien nicht zu überqueren, hielten Henning nicht auf: "Auch als wir alle gesagt haben, du wirst der einzige Weiße da draußen sein, es ist nicht sicher, hat er nicht zugehört. Er hat so viel Überzeugung, man konnte es ihm nicht ausreden", zitiert der britische "Telegraph" einen Kollegen.

Andere Helfer, mit denen der 47-Jährige unterwegs war, gaben ihm den Spitznamen "Gadget" (technisches Spielzeug), weil er sich so gut mit Technik auskannte. Am Zweiten Weihnachtsfeiertag 2013 nahmen Terroristen Alan Henning gefangen, kurz nachdem er in einem Fahrzeugkonvoi die Grenze zu Syrien überquert hatte.

Geisel-Mord: Cameron sagt IS den Kampf an
A Syrian Kurdish refugee woman with her daughter waits for transportation after crossing into Turkey from the Syrian border town Kobani, near the southeastern Turkish town of Suruc in Sanliurfa province October 2, 2014. More than 150,000 refugees have fled Kobani over the past two weeks alone, with a steady exodus continuing. Officials from Turkey's AFAD disaster management agency said some 4,000 crossed on Wednesday, and a similar figure the day before. REUTERS/Murad Sezer (TURKEY - Tags: POLITICS SOCIETY IMMIGRATION CIVIL UNREST CONFLICT TPX IMAGES OF THE DAY)

Das Schicksal der Flüchtlinge aus Syrien bewegt die Österreicher. Viele wollen helfen. Der KURIER zeigt, wie und wo Ihre Unterstützung am wirkungsvollsten ist. Beteiligen Sie sich an der Aktion, helfen Sie den Menschen in Not aus Syrien. Wie das geht, erfahren Sie hier.

Die syrischen Kurden fordern schärfere Luftangriffe gegen die Extremisten der radikalislamischen Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Das internationale Bündnis gegen den IS müsse deren Kämpfer nun direkt an der Frontlinie in Kobane, einer syrischen Stadt an der Grenze zur Türkei, bombardieren, sagte die Ko-Vorsitzende der syrisch-kurdischen Partei der Demokratischen Union (PYD), Asia Abdullah, am Freitag gegenüber der dpa. Die bisherigen Angriffe der Koalition seien nicht effektiv gewesen. Die PYD steht der kurdischen Arbeiterpartei PKK nahe, die in der Türkei verboten ist. Sie ist zudem mit den kurdischen Volksschutzeinheiten (YPG) verbunden, die Kobane seit Tagen gegen die Terrormiliz verteidigen.

Die USA und ihre arabischen Verbündeten hatten in den vergangenen Tagen IS-Ziele bei Kobane angegriffen, allerdings ohne großen Erfolg. In der Nacht auf Freitag flogen sie Angriffe im Norden und Osten Syriens. Nach Angaben der Menschenrechtsbeobachter waren Explosionen in der Nähe der Stadt Deir al-Zour und in der Provinz Al-Rakka zu hören. Aktivisten berichteten von Angriffen auf den Militärflughafen Al-Tabka, den der IS von der syrischen Armee erobert hatte. Trotzdem konnte die Terrormiliz ihren Eroberungszug fortsetzen.

Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte harren in der einst drittgrößten Kurdenstadt in der Region nur noch wenige tausend Menschen aus. Im Zuge des Konfliktes in Syrien sind mehr als 150.000 Kurden in die Türkei geflohen.

KURIER-Leser helfen Syrien-Flüchtlingen

Geisel-Mord: Cameron sagt IS den Kampf an
A Syrian Kurdish refugee woman with her daughter waits for transportation after crossing into Turkey from the Syrian border town Kobani, near the southeastern Turkish town of Suruc in Sanliurfa province October 2, 2014. More than 150,000 refugees have fled Kobani over the past two weeks alone, with a steady exodus continuing. Officials from Turkey's AFAD disaster management agency said some 4,000 crossed on Wednesday, and a similar figure the day before. REUTERS/Murad Sezer (TURKEY - Tags: POLITICS SOCIETY IMMIGRATION CIVIL UNREST CONFLICT TPX IMAGES OF THE DAY)
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Kämpfe um Kobane

Jihadisten und Kurden liefern sich seit Tagen heftige Kämpfe um die überwiegend von Kurden bewohnten Stadt. Die IS-Kämpfer sollen sich nur noch wenige Hundert Meter vom Stadtrand entfernt befinden. Sie sind damit auch in Sichtweite türkischer Militärposten an der Grenze. Die kurdischen Volksschutzeinheiten wehrten nach eigenen Angaben drei Angriffe der Extremisten ab. Die Beobachtungsstelle berichtete, den Kurden sei es gelungen, zwei IS-Fahrzeuge zu zerstören. Die kurdische Nachrichtenseite Welati meldete, die Kurden hätten einen IS-Panzer zerstört.

Die kurdischen Kämpfer fordern internationale Hilfe, aber nicht von jedem. Abdullah warnte die Türkei vor einem einseitigen Eingreifen. Sollte das türkische Militär in Syrien aktiv werden, müsse das eine "internationale Entscheidung" sein, sagte sie. Das Parlament in Ankara hatte Militäreinsätze in Syrien und im Irak am Vorabend gebilligt.

Türkei sichert Hilfe zu

Seit Donnerstag darf die türkische Regierungüber Auslandseinsätze der Armee in Syrien und im Irak bestimmen. Ein entsprechendes Entsendegesetz wurde im Parlament beschlossen. Das türkische Parlament hat damit grünes Licht für Einsätze des Militärs in den beiden Nachbarländern gegeben. Nach den Worten destürkischenMinisterpräsidenten Ahmet Davutoglu wird die Türkei alles unternehmen, um die Eroberung Kobanes (Ayn al-Arab) durch die radikalislamische IS-Miliz zu verhindern.

"Kein anderes Land hat wie unseres die Möglichkeit die Entwicklung in Syrien und im Irak zu beeinflussen, kein anderes Land wird aber auch so davon betroffen sein", sagte der Regierungschef am späten Donnerstagabend im TV-Sender A Haber.

Bereits am Donnerstag sagte die türkische Armee ihren in Syrien an einem Mausoleum stationierten Soldaten im Fall eines Angriffs der Terrormiliz IS sofortige militärische Unterstützung zu. "Vertraut darauf, nur ein Wort von Euch und das türkische Militär wird sofort an Eurer Seite sein", hieß es n einem offenen Brief von Generalstabschef Necat Özel an die Soldaten in Syrien.

Kobane liegt an der Grenze zur Türkei und ist die letzte Bastion in einer Enklave, die bisher von kurdischen Volksschutzeinheiten beherrscht wurde. Die Terrormiliz kontrolliert bereits mehr als 300 Dörfer im Umland von Kobane und ist den kurdischen Kämpfern zahlenmäßig und von der Ausrüstung weit überlegen.

Australien hilft im Irak

Im benachbarten Irak will sich indes auch Australien am Kampf gegen den IS beteiligen. Laut Ministerpräsident Tony Abbott billigte das Kabinett auf Bitten der irakischen Regierung den Einsatz von Kampfflugzeugen. Der IS habe der Welt den Krieg erklärt, und die Welt antworte darauf, sagte Abbott. Das Kabinett stimmte auch der Entsendung von Spezialkräften zu. Sie sollen die Iraker beraten.

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