Reizgas-Attacke auf Flüchtlingsheim

Die Verletzten wurden von der Rettung versorgt.
Mann versprühte Pfefferspray in Asylheim in Brandenburg. 40 Flüchtlinge verletzt.

In Deutschland ist es erneut zu einem Angriff auf ein Asylwerberheim gekommen. Ein Mann hat in einer Flüchtlingsunterkunft in Halbe im ostdeutschen Bundesland Brandenburg Reizgas versprüht und 40 Bewohner verletzt. Unter den Betroffenen seien auch Kinder gewesen, teilte die Polizei in Cottbus am Mittwoch mit.

Die Motive des 28-jährigen Deutschen, der für eine mit Arbeiten in der Unterkunft betraute Baufirma tätig ist und daher Zugang zu dem gesicherten Gebäude hatte, seien bisher noch unklar. Es werde "intensiv" ermittelt.

Augenreizungen und Atembeschwerden

Den Angaben der Beamten zufolge ereignete sich der Vorfall am Dienstagabend gegen 19.40 Uhr in einem unter anderem auch als Flüchtlingsheim genutzten Hotel. Zahlreiche Bewohner klagten beim Sicherheitsdienst der Unterkunft über Augenreizungen und Atembeschwerden. Feuerwehr, Polizei und Rettungsdienste starteten daraufhin einen Großeinsatz, um die Betroffenen medizinisch zu versorgen. 14 von ihnen wurden für weitere Kontrolle in Krankenhäuser gebracht, darunter fünf Kinder.

Noch an Ort und Stelle nahm die Polizei den 28-jährigen Beschäftigten der Baufirma aus Sachsen fest, der ebenfalls in dem Hotel wohnt und freien Zutritt dort hatte. Den Beamten zufolge wurde er bei einem Drogentest positiv auf Amphetamine und Methamphetamin getestet. Zudem war der Mann leicht alkoholisiert.

"Hemmschwelle sinkt"

Gegenüber dem Stern äußerte sich der deutsche Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen besorgt. Die Stimmung sei wegen der Flüchtlingskrise aufgeheizt. Auch sehe er die Gefahr eines neuen Rechtsterrorismus. "Wir können nicht ausschließen, dass sich im derzeitigen Klima Gruppen bilden, die dazu bereit sind, rechtsextremistische Anschläge zu verüben". Die steigende Zahl von Angriffen auf Asylbewerberheime zeige deutlich, "dass die Hemmschwelle, Gewalt anzuwenden, weiter sinkt".

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Führende Landespolitiker und Unternehmer aus Ostdeutschland haben vor schwerwiegenden Folgen der Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte für die regionale Wirtschaft gewarnt. Es sei eine "wirtschaftliche Katastrophe, wenn durch Fremdenhass das moderne, weltoffene Bild Sachsens ins Gegenteil verkehrt wird", so Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) zur Zeitschrift Super Illu.

Die kritischen Fragen von Investoren und ausländischen Fachkräften, die um ihre Sicherheit besorgt seien, nähmen zu, sagte er mit Verweis auf die Ausschreitungen in Heidenau.

Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) sagte der Zeitschrift, auch die Pegida-Demonstrationen hätten dem heimischen Standort geschadet. Bundesländer, die auf Auslandsinvestitionen und Exporte angewiesen seien, bräuchten ein weltoffenes, internationales Klima, in dem dumpfer Fremdenhass keinen Platz habe. Dies sei umso wichtiger, da allein Thüringen bis zum Jahr 2025 rund 280.000 Fachkräfte benötige.

Willkommenskultur

Unter Berufung auf das Dresdner ifo-Institut berichtet Super Illu weiter, dass in Ostdeutschland wegen des Bevölkerungsrückgangs bis 2025 bis zu zwei Millionen zusätzliche Arbeitskräfte benötigt würden. Diese Lücke könne nur durch Zuwanderung geschlossen werden, sagte der Vizepräsident des Instituts, Joachim Ragnitz, der Zeitschrift. Dafür sei eine Willkommenskultur notwendig.

Sippenhaft

Dieter Weidlich von der Verbundinitiative Sachsen sieht laut "Super Illu" durch die rechtsradikalen Krawalle inzwischen ganze "Regionen und Unternehmen in Sippenhaft genommen". Der Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Ostdeutschen Unternehmerverbände und Berlins, Hartmut Bunsen, warnte der Zeitung zufolge vor irreparablen Imageschäden.

In der sächsischen Kleinstadt Heidenau hatten vor eineinhalb Wochen Hunderte Rechtsextreme vor einer Flüchtlingsunterkunft randaliert. Mehr als 30 Polizisten wurden verletzt. Auf der anderen Seite demonstrierten viele Menschen ihre Solidarität mit den Asylbewerbern; sie veranstalteten vergangene Woche unter anderem ein Willkommensfest für die Flüchtlinge.

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