Arbeitsfähig, aber unvermittelbar

Wo sind Alternativen zur (Früh-)Pension?
Martina Salomon

Martina Salomon

Wo sind Alternativen zur (Früh-)Pension?

von Dr. Martina Salomon

über die Älteren

Die Babyboomer sind im Frühpensionsalter angekommen. Man findet sie werktags auf Golf- und Tennisplätzen – und neuerdings auch verstärkt in der Arbeitslosenstatistik: plus 22 Prozent bei den Beschäftigungssuchenden über 50, der höchste Anstieg aller Altersgruppen. (Parallel dazu gibt es aber auch einen Rekord bei der Zahl der Beschäftigten über 50, das sollte man nicht vergessen.)

Die Politik betrachtet diese Entwicklung wie eine unerwartete Naturkatastrophe. Zwar fordert die Gewerkschaft seit einiger Zeit altersgerechte Arbeitsplätze, aber in einem Wahljahr ist es halt populärer (bzw. populistisch), so wie SPÖ und Stronach „sichere Pensionen“ zu fordern. Nebenbei bemerkt ist das natürlich blanker Unsinn: Auch den Sozialdemokraten, die für den Machterhalt gern „Pensionistenbriefe“ schreiben, blieb in den vergangenen fünf Regierungsjahren nichts anderes übrig, als stetig an der Pensionsschraube zu drehen. Der Gang in die Frühpension (inklusive Invaliditäts- und Hacklerpension) wird Drehung um Drehung erschwert, die Abschläge für den vorzeitigen Ruhestand werden erhöht. Auch deshalb ist wohl die Zahl älterer Arbeitsloser gestiegen. Senken wird man sie aber nicht mit weiteren Restriktionen für Firmen – der ÖGB fordert ja ein „Bußgeld“ für Unternehmen, die Ältere vorzeitig kündigen.

Doch so ein Kündigungsschutz ist kontraproduktiv: Unternehmen werden sich dann noch mehr hüten, Menschen über 50 einen Job anzubieten, wenn man diese nur noch mit schweren Sanktionen los wird. (Genau aus diesem Grund hat man den Kündigungsschutz für Behinderte wieder gelockert).

Bei der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer hat Österreich im internationalen Vergleich starken Aufholbedarf: Nur jeder Fünfte zwischen 60 und 64 ist erwerbstätig. Aber es tun sich schon 45-Jährige schwer, Arbeit zu finden. Das ist unwürdig für das Individuum, es ist eine hochgradige Ressourcenverschwendung für die Gesellschaft und eine Belastung für den Sozialstaat.

Echte Altersteilzeit

Es muss viel mehr Möglichkeiten zur (echten) Altersteilzeit ab 55 Jahren und insgesamt mehr flexible, fantasiereichere Job-Möglichkeiten geben. Bundesweit sind nur 17.300 Arbeitnehmer in Altersteilzeit. Und warum sollte mit 60 oder 65 endgültig Schluss sein? Der deutsche Versandhändler „Otto“ hat einen Pool von Pensionisten, die bei Bedarf eingesetzt werden. Auch in Österreich werden mittlerweile Lehrer aus der Pension zurückgeholt.

Hierzulande regt sich langsam Widerstand gegen das Modell, Menschen für ein Vierteljahrhundert in den „Ruhestand“ zu schicken. „Arbeit ist nicht Hölle und Pension ist nicht Paradies“, sagt der Sprecher der Plattform „seniors4success“, Leopold Stieger. Freizeit ohne Herausforderung bringe keine Erfüllung, beim Übergang in die Rente könne man durchaus in ein „schwarzes Loch“ fallen. Stimmt.

Die (Schein-)Lösung aller Arbeitsmarktprobleme durch Frühpensionierung entwickelt sich übrigens durchaus zum Bumerang für die Politik: Denn gerade unter Rentnern wächst die Zahl der „Wutbürger“, die in den Politikern die Ursache ihrer unbefriedigenden Lebensverhältnisse sehen. Es ist ein bitteres Gefühl, arbeitsfähig zu sein, aber nicht (mehr) gebraucht zu werden.

Kommentare