Pragmatisiert und frühpensioniert

Martina Salomon

Martina Salomon

Das kann nicht mehr lange gutgehen.

von Dr. Martina Salomon

unsere absurden Pensionsgesetze

Na toll: Nur drei Prozent der männlichen und ein Prozent der weiblichen Beamten gehen mit 65 Jahren in Pension. Das ergibt ein neuer Rechnungshofbericht. Die Wiener Stadtpolitik ist sogar stolz darauf, dass ihre Beamten (trotz klammer Stadtkasse) früher in Pension gehen dürfen als Bundesbeamte. Die seinerzeitige schwarz-blaue Reform wird nur mit riesiger Zeitverzögerung umgesetzt. Ein Witz! Erstaunlicherweise war kein Finanzminister mutig genug, Wien dafür beim Finanzausgleich zu bestrafen.

Die größte Chuzpe ist, dass zuletzt mehr als die Hälfte aller beamteten Neopensionisten dank Hacklerregelung in den vorzeitigen Ruhestand getreten ist. Das waren logischerweise nicht nur Müllmänner mit kaputtem Kreuz, sondern auch Primarii und Verwaltungsbeamte. Ein Paradebeispiel für absurden Gesetzespfusch, der mühsam repariert werden musste. Ja, der immer fröhliche Sozialminister Hundstorfer steht wenigstens auf der Bremse - auch bei ASVG-Pensionen - aber seine PR ist genialer als die ungeschönten Tatsachen: Die wundersame Erhöhung des Pensionsantrittsalters liegt nämlich vor allem darin, dass die Invaliditätspension für unter 50-jährige in ein Reha-Geld umgewandelt wurde, das zwar aus dem Pensionstopf bezahlt wird, aber aus der Statistik herausfällt: netter Zahlentrick von Märchenonkel Rudi.

Wenn die Bundeszuschüsse zu den Pensionen aber weiter so beängstigend schnell steigen, werden wir irgendwann das gesamte Bruttonationalprodukt für Soziales ausgeben. Für Bildung und Infrastruktur bleibt dann nix mehr übrig, die Steuerlast müsste noch weiter steigen. Wobei klar ist: Viele Arbeitnehmer werden nicht freiwillig zu Frührentnern, sondern aus Mangel an Alternativen am Arbeitsmarkt. Da muss ein grundlegender Kulturwandel geschehen. Firmen fürchten sich davor, nicht mehr ganz Junge einzustellen, weil man sie im Falle des Falles schwerer loswird. Die Schutzbestimmungen sind mittlerweile mehr Nach- als Vorteil. Das betrifft auch die Frauen.

Wer über das ungleiche Männer- und Fraueneinkommen jammert, muss dazusagen, dass einer der Gründe auch der ungerechtfertigt frühere Pensionsantritt im ASVG-(nicht aber im Beamten)-Recht ist. Eine ORF-Schauplatz-Doku vergangene Woche über agile Frauen in der Mitte des Lebens, die kaum mehr Job-Chancen haben, machte richtig wütend. Umgekehrt kann man Unternehmen verstehen, die teure, ältere Mitarbeiter loswerden wollen, wenn sie nur mehr die Zahl der Kalenderblätter bis zur Pension zählen.

Wütend macht aber auch, dass ASVG-Frühpensionisten totale Arbeitsbeschränkungen in der Pension haben, während Beamte munter weiterverdienen dürfen. Europa kämpft mit schwächelnder Konjunktur, insgesamt wird für heuer trotzdem ein Wachstum prognostiziert. Österreich sticht erstaunlich negativ hervor, die Flaute ist tiefer als anderswo. Das hat natürlich auch mit dem Osteuroparisiko zu tun. Aber wahrscheinlich auch mit der immer kürzer werdenden Zeitspanne, die die Österreicher im Arbeitsprozess verbringen. Das kann nicht mehr lange gutgehen.

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