Die Zweiklassengesellschaft lässt grüßen

Diese Woche war hart für gemeine ASVG-Angestellte. Ein Blick ins Zweiklassensystem.
Martina Salomon

Martina Salomon

Pragmatisierung erhöht nicht unbedingt den Arbeitseifer.

von Dr. Martina Salomon

ASVG versus Beamtenrecht

Auch wenn es nur die Bestätigung der geltenden Rechtslage war: Dass in Zeiten von fast 500.000 Arbeitslosen ein paar Postbeamte beim Höchstgericht erstreiten, dass die Mittagspause Teil der Beamten-Arbeitszeit ist, stimmt schon irgendwie, äh, fröhlich.

Mehr als Zähneknirschen wird den ASVGlern auch nicht übrig bleiben, wenn ihr Pensionssystem nun rund 3000 Bank-Austria-Mitarbeiter mit Sonderregelungen übernimmt. Das Parlament zimmerte aus diesem Anlass eilig eine Gesetzesnovelle, um der Bank etwas mehr Geld dafür abzuknöpfen.

Mit knapper Not wurde dieser Tage eine neue Grausamkeit für Privatangestellte verhindert: Die Koalition bastelte an Ruhensbestimmungen (also Pensionskürzungen), wenn man nach (!) dem Regelpensionsalter weiterarbeitet. Frühpensionisten trifft das schon seit jeher. Beamte übrigens nicht, weil man sie rein rechtlich jederzeit in Dienst stellen kann. Ja eh, in der Monarchie war das auch sicher so.

Und dann erreichte uns noch die Jubelmeldung, dass der Selbstbehalt für öffentlich Bedienstete beim Arztbesuch auf 10 Prozent halbiert wird. Schon erstaunlich, dass für solche Zuckerln momentan Geld da ist. Wer jetzt einwendet, dass ASVGler überhaupt keinen Selbstbehalt beim Arzt haben, übersieht die schleichende Privatisierung im Gesundheitssystem. Zunehmend zahlt man privat bei Wahlärzten, die nur Patienten "kleiner Kassen" (also etwa Staatsdiener) kostenlos behandeln. Wiener Beamte genießen übrigens das Beste aus beiden Welten und haben keinen Selbstbehalt. Das kann nur am super-ausgeglichenen Wiener Budget liegen, oder?

Die hohe Beamtenpension kompensiere lächerlich niedrige Gehälter junger Beamter, wird seit Langem argumentiert. Aber diese Zeiten sind vorbei. Beamte (vor allem Frauen) verdienen deutlich besser als andere Gruppen. Es wäre lohnend, sich neben dem "Gender-wage-gap", auch einmal den "Public-sector-pay-gap" anzuschauen. Und da reden wir noch gar nicht von Nationalbank-Gehältern.

Wenig überraschend erhöht Pragmatisierung nicht unbedingt den Arbeitseifer. Besonders die Zahl der Kurzkrankenstandstage ist deutlich höher. Und Bahnmitarbeiter gehen sogar mehrheitlich krankheitsbedingt in Pension.

Flucht in die Frühpension

Bevor jetzt alle beamteten KURIER-Leser kollektiv aufschreien: Ja, wir wissen, dass die goldenen Zeiten auch für Sie längst vorbei sind. In vielen Bereichen – Spitälern, Polizei, Schule – stehen Sie unter enormem Druck. Die Beamtengruppe schrumpft, es wird kaum noch pragmatisiert. Sie alle haben einen hohen Pensionssicherungsbeitrag, und die Angleichung an das ASVG – samt vierzigjähriger Durchrechnung – läuft. (Warum dauert es in Wien aber 14 Jahre länger als im Bund?). Beamtinnen dürfen erst mit 65 in Alterspension gehen. Für die Hacklerpension wechselten deshalb sogar einige Niedrigverdienerinnen ins ASVG-Recht. Diese abschlagsfreie Form der Frühpensionierung für Langzeitversicherte zog vor allem Beamte an. Drei Viertel der Landeslehrer, die zwischen 2008 und 2013 in Pension gingen, nutzten die Hacklerregelung. Absurd!

Nein, es geht nicht um Neid. Sondern um die Frage, ob man mit öffentlichem Geld nicht sorgsamer umgehen müsste.

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