Welche FPÖ will in die Regierung?

Mit einem gewissen Geschick treten Politiker der FPÖ mal sehr bieder, dann wieder extrem radikal auf.
Helmut Brandstätter

Helmut Brandstätter

Mit einem gewissen Geschick treten Politiker der FPÖ mal sehr bieder, dann wieder extrem radikal auf.

von Dr. Helmut Brandstätter

über die FPÖ

Unsere Kolumnistin Daniela Kittner zitiert heute einen ÖVP-Minister: Die Stimmung in der Koalition sei "katastrophal schlecht". Der Wunsch, zur FPÖ zu wechseln, steige. So schlimm kann es rund um die Flüchtlingskrise, den fehlenden Zusammenhalt in Europa und die steigende Arbeitslosigkeit gar nicht stehen, in Österreich spielt sich alles auf dem Boden der traurigen Innenpolitik ab: Zwei Parteien, die inhaltlich verloren und im Duett unverträglich sind, halten einander nur noch aus, weil sonst alle Posten weg wären.

In der ÖVP streben Verdrossene in die Arme der FPÖ. Natürlich fürchten sie sich vor deren guten Umfragen und dem ungebremsten Populismus. Die Mühe, sich Programm, Umfeld und Ziele der FPÖ in Österreich und Europa anzusehen, macht sich niemand. Kein Wunder: Wer selbst nicht weiß, wo er hin will, interessiert sich auch nicht für die politischen Inhalte der anderen. Wer Ohnmacht fürchtet, tut alles für ein bisschen Macht. Und Angst ist Leitmotiv der Innenpolitik. Ob nun Politiker mit der FPÖ koalieren wollen oder nicht, eines verbindet: Für die intellektuelle Auseinandersetzung mit deren Inhalten sind weite Teile von SPÖ und ÖVP nicht gerüstet.

"Umvolkung" der österreichischen Nation?

Deutschland hat die PEGIDA – auf der Straße. Österreich hat die FPÖ – im Parlament und in den sozialen Netzen. Die FPÖ wechselt das Spielfeld sehr geschickt. Im Parlament agiert sie als Opposition, um außerhalb diese zentrale Institution der Demokratie lächerlich zu machen. ("Scheinparlament"). In den klassischen Medien – auffällig, nicht zufällig oft im ORF – gibt man sich beunruhigt ob der vielen Flüchtlinge, in eigenen Medien und im Internet wird es grober: "Flüchtlingsströme und Globalisierung führen zur Auflösung der nationalen Identitäten", schreibt Ex-Abgeordneter Andreas Mölzer. Welcher Identitäten? Denn das Wort "österreichische Nation" wird unter Anführungszeichen geschrieben, für Haider war die österreichische Nation ja eine "ideologische Missgeburt." Geblieben ist die Angst vor der "Umvolkung", die rassistische Konnotation wirkt erwünscht. Die Abgeordnete Winter ist gar offen antisemitisch.

Welche Umweltpolitik würde die ÖVP mit einer FPÖ machen, die den Klimawandel leugnet? Wer zahlt, wenn Vermögenssteuern abgelehnt, höhere Sozialausgaben aber gefordert werden? Und Außenpolitik – Kanzler Schüssel ließ Haider wenigstens noch ein Bekenntnis zu Europa unterschreiben. Inzwischen arbeitet die FPÖ in Brüssel mit Marine Le Pen zusammen, die die EU zerstören will. Mithilfe des russischen Präsidenten Putin vielleicht, der ja Le Pens Partei finanziert? Ein FPÖ-nahes Magazin jubelte kürzlich im Sinne Putins: "Nun scheint sich das Blatt zugunsten von Assad, der für ein berechenbares, laizistisches Syrien steht, zu wenden." Berechenbar, weil Assad sein Volk weiter bombardieren wird? Die Innenpolitik beschränkt sich auf Zahlenspiele und Personalspekulationen. Es wird Zeit, dass wir ernsthaft über Inhalte reden. Aber – wer hat noch die Kraft dazu?

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