Staatsspitze blau? Kein schlechter Witz mehr

Bei der Hofburg-Wahl wird jetzt zur Schlüsselfrage: Kann Griss oder Van der Bellen Hofer Paroli bieten?
Josef Votzi

Josef Votzi

Taktische Wähler werden abwägen: Wer hat auch im zweiten Wahlgang die besten Siegchancen?

von Josef Votzi

über die Schlüsselfrage bei der Hofburg-Wahl

Diese Herausforderung war auch für den langjährig geeichten Politik-Analysten OGM-Chef Wolfgang Bachmayer neu: Fünf ernst zu nehmende Kandidaten, davon einer ohne jedes parteipolitische Hinterland. Knapp eine Million Österreicher, die zwar sicher zur Wahl gehen, aber noch immer nicht wissen, wen sie ankreuzen werden. Ein Polit-Kasperl, der den Tanz, den einige Medien um ihn machen, einmal mehr nutzt, um sein Shoppingcenter zu füllen – und der am Ende politisch doch noch eine Rolle spielen könnte, weil Lugner zuvorderst Hofer Proteststimmen kosten könnte. Denn für eine Siegchance im ersten Durchgang des Hofburg-Rennens könnten diesmal schon etwas mehr als 20 Prozent reichen. Eine knappe Woche davor, so die jüngste und letzte OGM-Umfrage für den KURIER, steht fest: Nur Alexander Van der Bellen, Norbert Hofer und Irmgard Griss haben am 24. April noch Sieg-Chancen. Rudolf Hundstorfer und Andreas Khol nehmen auf der Verliererstraße weiter Fahrt nach unten auf. Letzte Woche haben Rot-Schwarz noch einmal vier Prozentpunkte Richtung Blau-Grün-Unabhängig abgeben müssen. Offen ist sechs Tage vorm Zieleinlauf nur noch, ob dieser Trend anhält oder der Boden der Niederlage schon erreicht ist.

"Kommt Griss in Stichwahl, ist sie Präsidentin"

Die drei Favoriten liegen so eng beieinander, dass sie derzeit gleich große Chancen haben, in den 2. Wahlgang zu kommen. Wer auf Platz drei landet und daher rausfliegt, kann vorab kein seriöser Demoskop sagen. Für Meinungsforscher ist aber fix, dass beim zweiten Durchgang am 22. Mai die Wähler nur noch vor folgender Auswahl stehen werden: Hofer oder Van der Bellen? Griss oder Van der Bellen? Griss oder Hofer? Taktisch denkende Wähler, die zwischen mehreren Kandidaten schwanken, werden so für sich abwägen: Wer hat auch im zweiten Wahlgang die besten Siegchancen? Diese Frage stellen sich auch jene, die ein Problem mit Norbert Hofer als Fischer-Nachfolger haben. In der Hofburg säße schließlich ab 8. Juli der Spitzenrepräsentant einer Partei, die gegen Andersdenkende hetzt und wo vielen beim Gedanken an die österreichische Nation immer noch das Würgen kommt. Norbert Hofer stellte zuletzt auch die Verankerung Österreichs in der Europäischen Union und damit die Grundlage für die wirtschaftliche Erfolgsstory der letzten zwanzig Jahre infrage: Würde heute über den Beitritt abgestimmt, würde der blaue Hofburg-Anwärter mit Nein zur EU votieren.

Alle, die noch nicht eisern auf einen Nachfolger für Heinz Fischer festgelegt sind, wird daher bis Sonntag eine Schlüsselfrage beschäftigen: Ist es eher Irmgard Griss oder Alexander Van der Bellen zuzutrauen, Hofer Paroli zu bieten. Und damit Österreich das Experiment eines Staatsoberhaupts zu ersparen, das als überparteiliche Autorität nicht taugt, das Land nicht eint, sondern noch mehr spaltet. Die Antwort wird jeder für sich geben müssen. Aus den Daten der Meinungsforschung liest OGM-Chef Bachmayer eine eindeutige Botschaft: "Wenn Griss in die Stichwahl kommt, ist sie Präsidentin."

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