Meinungsfreiheit ist unteilbar

Denkverbote haben Rechtspopulisten in Europa gestärkt. Aber auch Religionen dürfen kritisiert werden.
Martina Salomon

Martina Salomon

Lasst uns tolerant und liberal sein

von Dr. Martina Salomon

über Meinungsfreiheit

Der wirtschaftsnahe Publizist Theo Faulhaber hat in einem KURIER-Gastkommentar am Montag zehn kritische Thesen zum Islam veröffentlicht – und damit gehörig Staub aufgewirbelt. Über seine Thesen kann man natürlich geteilter Meinung sein, keine war unüberlegt oder gar verhetzend.

Dennoch empörte sich so manch Selbstgerechter mit ORF-Hintergrund darüber, dass sich der KURIER als Plattform für solche Meinungen zur Verfügung stelle. Diejenigen, die hier nicht weniger als Denk- und Redeverbote fordern, sind meist privilegierte Menschen mit Wohnsitz in "Bobostan", die – am liebsten per Twitter – Unterhaltungen mit ihresgleichen führen, in denen sich die immer Gleichen in der richtigen moralischen Haltung bestärken.

Es ist eine Tatsache, dass sich viele Menschen (ja, auch viele schlichte, ängstliche) von den Mitgliedern dieser abgehobenen Polit-Medienblase zunehmend weniger verstanden fühlen und heimlich die Faust ballen. Wenn man über Themen, die den Leuten unter den Nägeln brennen, nicht mehr offen reden und schreiben darf, dann verschließt man nicht nur die Augen vor tatsächlich gefährlichen Tendenzen einer wortgetreuen Auslegung des Koran. Man treibt die Wähler in ganz Europa auch genau jenen rechtspopulistischen Parteien zu, vor denen die Tabuisierer auf ihren kuscheligen Zuschauerrängen gern warnen.

Lasst uns tolerant und liberal sein. Dazu gehört zuallererst die Meinungsfreiheit – selbst, wenn man die Ideen des anderen für kompletten Unfug hält. Das ist das Tolle am christlichen Abendland: Man muss keine Angst vor Verfolgung haben, wenn man anderer Ansicht ist, als es die scheinbaren Meinungsführer vorgeben – noch.

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