Tsipras muss jetzt zu Hause aufräumen

Ein Schuldenschnitt brächte den Griechen momentan gar nichts. Steuern einheben und Sparen beim Militär schon.
Helmut Brandstätter

Helmut Brandstätter

Ein Schuldenschnitt brächte den Griechen momentan gar nichts. Steuern einheben und Sparen beim Militär schon

von Dr. Helmut Brandstätter

über Griechenland

Zuerst die gute Nachricht: Obwohl Alexis Tsipras mit seiner Syriza-Bewegung keine absolute Mehrheit hat, wird Griechenland schnell eine Regierung bekommen. Gar nicht gut: Die linken Populisten wollen mit einer rechten Splittergruppe koalieren, die auch gerne populistisch auftritt, leider aber auch Verrückte beheimatet. Juden würden in Griechenland keine Steuern zahlen, log einer ihrer führenden Politiker. Und die miese Wirtschaftslage sei Ergebnis einer internationalen Verschwörung.

Mit dieser Einstellung wird die neue Regierung nicht weit kommen. Denn es sind griechische Staatsbürger, die seit Beginn der Krise geschätzte 150 Milliarden Euro Schwarzgeld in die Schweiz gebracht haben, wobei Beamte, die Teil des korrupten griechischen Systems sind, hilfreich waren. Die Regierung Tsipras muss jetzt endlich Steuerbehörden aufbauen, die diesen Namen verdienen. Hilfe aus Europa sollte dabei selbstverständlich sein. Natürlich ist zu befürchten, dass auch die neue Regierung das tut, was in Athen und Umgebung zur Folklore gehört, nämlich Freunde und Verwandte mit hoch bezahlten Posten im Staat zu versorgen. So gesehen ist der Wunsch, die EU-Troika aus dem Land zu verbannen, verständlich, aber man muss den neuen Machthabern schon auf die Finger schauen, die ja hier fremdes Geld verteilen wollen.

Dann müssen die Griechen endlich ihr noch immer hochgerüstetes Militär den europäischen Realitäten anpassen. Die Zeiten, wo das Verteidigungsbudget rund 4 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt betrug, sind zwar vorbei. Aber es sind noch immer 2,4 Prozent – Deutschland kommt mit 1,4 Prozent aus.

Frau Merkel ist nicht die Böse im Spiel

Aber die Europäische Union muss der neuen Regierung auch helfen. Es liegt auf der Hand, dass Alexis Tsipras seine Wahlversprechen nicht wird einhalten können. Da wird der Frust seiner Wähler nicht lange auf sich warten lassen. Aber niemand kann Interesse daran haben, dass die Regierung Tsipras bald scheitert. Im Gegenteil. Die Griechen brauchen Impulse für ihre Wirtschaft, damit die exorbitante Arbeitslosigkeit reduziert werden kann. Das ist nicht nur wichtig für die Bevölkerung, sondern für die Stabilität in Europa.

Genau das wollen die Extremisten auf beiden Seiten ja nicht. Kein Wunder, dass ein Parteifreund der französischen Rechtsextremistin Marine Le Pen sich über den Sieg der Linken gefreut hat. Extremisten von links und rechts freuen sich über alles, was die Europäischer Union beunruhigen könnte. Leute, die eine Job suchen, haben davon gar nichts, aber das ist politischen Abenteurern natürlich gleichgültig.

Ein Machtwechsel gehört im demokratischen Europa zur Normalität. Dass sich der neue Ministerpräsident Tsipras von politischen Außenseitern mit Hang zur Verschwörung abhängig macht, ist unerfreulich. Aber das soll sein Problem sein.

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