Oida : Kolumne von Guido Tartarotti

Guido Tartarotti

Guido Tartarotti

Oida beschäftigt jetzt auch die Germanisten.

von Guido Tartarotti

über Dialekt

Eine Leserin äußerte sich verärgert, weil ich an dieser Stelle meiner Großmutter den Satz „A oide Frau is ka D-Zuch“ in den Mund legte: Diese Mischung aus österreichischem und deutschem Deutsch sei unpassend. Das tut mir natürlich leid, aber auch, wenn es empörend ist: Meine Oma sprach so. Sie wuchs in Deutschland auf und ging 1945 nach Österreich. Ihre Sprache war ein wildes Durcheinander aus im deutschen Tonfall ausgesprochenen österreichischen Dialektphrasen und österreichisch gefärbten deutschen Begriffen. Bei ihr klang „Hagebutten“ nach Wien und „Hätscherln“ nach Breslau, und genauso schmeckte auch ihr Essen. Ich bin untröstlich, dass meine Oma unpassend ist, aber ich werde ihr Leben jetzt nicht rückwirkend umschreiben. Ich glaube ja überhaupt, dass das Sortenreine weniger interessant ist als die Mischungen. Nicht umsonst findet man in Grenzregionen die spannendste Kultur und das beste Essen.

Damit sind wir bei Oida. Auch Oida löste Proteste aus. Eine Leserin stieß sich an meiner Behauptung, Oida sei geschlechtsneutral – schließlich heiße Oida „Alter“, und wo ein Alter ist, da sei auch eine „Alte“ nicht fern. Das stimmt, und gleichzeitig nicht. Denn wenn man Halbwüchsigen in der U-Bahn zuhört, wird man feststellen, dass auch die Mädchen zueinander Oida sagen. Sie sagen überhaupt zu allem Oida. Oida ist ein Füllwort, ohne inhaltliche Bedeutung, ein Schmiermittel, das die Sprache geschmeidiger macht. Ohne Oida bekämen sie die Sätze gar nicht über die Zunge, sie müssten schweigen und röchen irgendwann aus dem Mund sehr streng nach Ungesagtem.

Insofern müssen wir froh sein, dass es Oida gibt. Oida beschäftigt jetzt auch die Germanisten. Nur den Eugen kennen sie noch nicht. Über den Eugen unterhalten wir uns nächstes Mal.

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