Unentdecktes Land

Ich halte es für eine blöde Idee, auf das Wachsen zu verzichten.
Guido Tartarotti

Guido Tartarotti

Mit welchem Alter fühlten Sie sich am wohlsten? Bei mir war es 16.

von Guido Tartarotti

über Geburtstage und das Erwachsenwerden.

Und schon wieder Geburtstag. Als ich ein Kind war, dauerte es noch Jahrzehnte von einem Geburtstag zum nächsten. Jetzt hat das Jahr keine fünf Monate mehr, kommt mir vor. Geburtstag – eine Erinnerung daran, dass ich jetzt auch schon seit 31 Jahren nicht mehr 16 bin.

Welches war das Alter, in dem Sie sich am wohlsten, am meisten bei sich, am authentischsten fühlten? Bei mir war es 16. Nicht mehr Kind, noch nicht erwachsen. Aber erwachsen genug, all den herrlichen Unsinn zu machen, von dem man damals glaubte, er gehöre zum Erwachsensein dazu, den aber die wirklichen Erwachsenen nie machen, weil sie ja den ganzen Tag mit Erwachsensein beschäftigt sind.

(Nicht mehr Kind zu sein gefiel mir gut. Ich war gerne mit fünf, sieben, neun Jahren Kind, danach wurde mir das Kindsein bald zu fad. Können Sie sich noch mit dem Kind identifizieren, das Sie einmal waren? Ich weiß noch genau, was dieses Kind dachte und fühlte, aber dass dieses Kind ich sein soll, das kommt mir unglaubwürdig vor.)

Mit 16 fühlte ich mich am wohlsten in meiner Haut, da hätte die Zeit ruhig stehen bleiben können. Die Schule habe ich verachtet, aber sie fiel mir nicht schwer genug, um meine Lebensqualität nachhaltig zu beeinträchtigen. Das Leben war wie die erste Fahrt mit dem eigenen Moped an einem warmen Maiabend. Alles fühlte sich an wie ein erstes Mal, alles war neu, aufregend, unentdecktes Land.

(Die Jahre Mitte 30, die waren auch nicht schlecht. Die dümmsten Fehler waren gemacht, das Leben roch wie eine zweite Chance. Körper und Seele waren noch jung genug, sich dabei keine Zerrungen zu holen. Glaubte ich.)

Es ist ein komisches Gefühl, jeden Tag aufzuwachen, und sich ein paar Sekunden lang wie 16 zu fühlen. Das Gefühl endet spätestens vor dem Badezimmerspiegel. Wann ist man erwachsen? Ich hoffe, nie. Ich halte es für eine blöde Idee, auf das Wachsen zu verzichten.

Guido Tartarottis neues Kabarettprogramm "Selbstbetrug für Fortgeschrittene" hat am 2. September im Niedermair in Wien Premiere. Zweite Vorstellung am 22. September im Theater am Alsergrund.

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