Fast wie Keith Richards

Wie ich beinahe Rockstar wurde.
Guido Tartarotti

Guido Tartarotti

Zum Glück ist ein Talent uns allen in die Wiege gelegt: das zum Selbstbetrug.

von Guido Tartarotti

über das Träumen und das Sein.

Als ich ein Kind war, hielt ich mich für ein Fußball-Ausnahmetalent und rechnete mit einer beruflichen Zukunft als Teamstürmer. Dieser Traum endete, als ich eines Tages Filmaufnahmen sah, welche die Mutter eines Mitspielers gedreht hatte: Das, was ich spielte, war nicht gut, es war auch nicht schlecht, es war überhaupt nichts, was man als Fußball bezeichnen konnte. Ich irrte auf dem Feld umher, mich offenbar in einer eigenen Welt mit eigenen Regeln befindend.

Ich befand mich also vor den Trümmern meiner beruflichen Karriere, und dabei war ich erst zehn. Ein paar Jahre lang stand ich unschlüssig in meinem Leben herum, erwog und verwarf gewagte Berufe wie Baggerfahrer, Nobelpreisträger oder Lehrer, bis mich beim Besuch eines Rolling-Stones-Konzerts im Jahr 1982 eine Erkenntnis in den Hintern biss: Ich werde Rockstar! So schwer konnte das nicht sein, dachte ich mir: Die da vorne auf der Bühne beherrschten ihre Arbeitsgeräte ohrenscheinlich ja auch nur eher rudimentär, dennoch klang es irgendwie großartig und 40.000 Menschen tobten.

Ein paar Jahre später stand ich tatsächlich selbst auf einer Bühne und gab mein erstes Konzert mit meiner Band, bei einer Schulschlussfeier. Und wir waren großartig, das Publikum jubelte, ich schüttelte die Grooves und Riffs mit Lässigkeit und Eleganz aus dem Handgelenk. Dachte ich. Bis ich den Mitschnitt des Konzerts bekam. Man hörte eine unsichere, wackelige Schülerband, ein paar spöttische Zwischenrufe und eine nebulos neben der Spur dahinsägende Gitarre, die eindeutig von mir bedient worden war.

Damals wurde mir klar, dass es nicht reichte, schlecht Gitarre zu spielen und arrogant dreinzuschauen, um von Beruf Keith Richards zu werden. So hinreißend schlecht Gitarre zu spielen wie der große Keith Richards, das erfordert Talent und Übung. Dieses Talent haben aber die wenigsten. Zum Glück ist ein anderes Talent uns allen in die Wiege gelegt: das zum Selbstbetrug.

Guido Tartarottis neues Kabarettprogramm "Selbstbetrug für Fortgeschrittene" hat am 2. September im Niedermair in Wien Premiere. Zweite Vorstellung am 22. September im Theater am Alsergrund.

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