Vom Laufhaus zum Laufrekord

Wolfgang Winheim

Wolfgang Winheim

Trotz steigendem Laufinteresse stand der Wien-Marathon 1989 vor dem Aus.

von Wolfgang Winheim

über den Wien-Marathon.

Der Wien-Marathon ist der Beweis, dass vollmundige Ankündigungen von Politikern gelegentlich stimmen können. Oder gar übertroffen werden. "Wir werden Zeiten erleben, in denen zehn Mal so viele Läufer starten werden", prophezeite Wiens einstiger Bürgermeister Helmut Zilk. Das war vor 30 Jahren, ...

... als der Ärger der Wiener über Verkehrsbeschränkungen am Sonntag größer war als die Begeisterung für die Marathon-Premiere;

... als eine Politik-Journalistin bei der KURIER-Redaktionskonferenz ihrer Skepsis Ausdruck verlieh mit den Worten: "Aber Herr Kollege, schwitzen ist doch unanständig";

... als Joggern im Wienerwald zuweilen Hunde nachgehetzt wurden.

Die Zahl derer, die sich auf der Hauptallee beim Training nicht mehr von den einst dort stationierten Damen des käuflichen Gewerbes ausspotten ließen im Freiluft-Laufhaus Prater, wurde aber von Tag zu Tag größer.

Trotz steigendem Laufinteresse stand der Wien-Marathon 1989 vor dem Aus, hätte nicht Wolfgang Konrad die Organisation übernommen. Dem ehemaligen Weltklassemann über 3000-Meter-Hindernis gelang es, bürokratische Hürden aus dem Weg zu räumen.

Konrad war schon als Athlet ein Regimekritiker. Er galt als goschert, hartnäckig, unbequem. So wie der mittlerweile in Pension gegangene Gunnar Prokop, dem als Leichtathletik- und Handballtrainer jedes Mittel recht war für den Sieg. Und so wie Volleyball-Präsident Peter Kleinmann.

Sie alle konnten Journalisten und Behörden gehörig auf die Nerven gehen. Aber wahrscheinlich müssen Sportfunktionäre so besessen und narrisch sein in Österreich, um als Nicht-Kicker und Nicht-Skifahrer zu Erfolg und medialer Präsenz zu gelangen.

Konrad darf zu Recht stolz sein, dass es – konträr zur allgemeinen Leichtathletik-Situation – im Marathon so gut läuft. 8000 der 40.000 Starter, die Sonntag die Laufschuhe anziehen, sind weiblich. Vor 30 Jahren waren nur 95 Frauen so mutig gewesen.

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