Loveparade mit Ball

Wolfgang Winheim

Wolfgang Winheim

Aggression hatte beim Derby of Love auch diesmal kein Leiberl

von Wolfgang Winheim

über Sportklub - Vienna

Das passiert sonst nur im Ski-Weltcup: Wohl zum ersten Mal überhaupt wurde im ORF fast vier Stunden durchgehend (und berechtigt) über Sport made in Austria geschwärmt. Und das, obwohl zwei Drittel der Akteure, die Freitagabend dem Ball nachliefen, von Spitzenfußball und vollen Futtertrögen so weit entfernt sind wie die Übertragungsschauplätze Wien-Hernals und Liechtenstein.

Von 18.30 bis 20.15 Uhr bewiesen die Drittligaspieler von Sportklub und Vienna via SportPlus+, dass auch ein Regionalligamatch trotz holprigem Geläuf attraktiv sein kann. Auf dem ältesten (seit 1904 bespielten) Wiener Sportplatz gewann der ältester Fußballklub Österreichs, die 120-jährige Vienna, gegen den Sportklub 5:3.

Aggression hatte beim Derby of Love auch diesmal kein Leiberl. So marschierten die Vienna-Spieler zur Friedhofstribüne, um Sportklubs Anhang für dessen Fairness mit Beifall zu danken. Die Fans der Geschlagenen applaudierten zurück. Letztere hatten auch diesmal Transparente gegen Homophobie und Fremdenfeindlichkeit gespannt. Ähnlich wie in St.Pauli (wo dem Hamburger Kultklub der Abstieg aus der zweiten Liga droht) hat sich auf der Friedhofstribüne unabhängig vom sportlichen Abschneiden ein Treff der Toleranz gebildet. Daher darf, nein wird, die Stadtpolitik die abrissreife Friedhofstribüne nicht sterben lassen.

7842 Besucher drängten mit baupolizeilicher Sondergenehmigung zum Ostligakick auf den Sportklub-Platz. 1715 weniger füllten das schmucke Liechtensteiner Klein-Stadion beim Ländermatch bis auf den letzten Sitzplatz. 880.000 sahen das 5:0 im ORFeins, womit Marcel Kollers Team auch den Quotenvergleich gegen den "Alten" und "Die Bergretter" klar gewann.

Jedes der fünf Bummerln rechtfertigt das Prädikat Extraklasse. Vor dem 5:0 hatte es sogar gefühlte 30 Ballkontakte hintereinander gegeben, ehe auch Marko Arnautovic traf.

Gewiss, ein Triumph über das kleine Fürstentum ist noch kein Anlass, um sich wie König in Frankreich (EM-Schauplatz 2014) zu fühlen. Dementsprechend realistisch haben sich Marc Janko und Co danach zur Enttäuschung ewiger Nörgler vor Mikrofonen verhalten.

Schon vor dem 5:0, dem höchsten Auswärtssieg seit 64 Jahren, hatte der ÖFB 42.500 Karten für die Bosnien-Partie am Dienstag abgesetzt, was in Mitteleuropa bei einem Freundschaftsspiel inzwischen gänzlich ungewöhnlich ist.

Zlatko Junuzovic wird erstmals in einem Länderspiel auf die Landsleute seiner Eltern treffen. Nicht zuletzt dank dem Juristen-Sohn, der in jedem Match am meisten rennt, läuft’s für Österreich so gut. Ganz abgesehen, dass er bei der Hymne mitsingt – Junuzovic ist ein Musterbeispiel für Integration.

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