Surfen im Urlaub

Surfen im Urlaub
Wohlan WLAN. Es geht nix über die zarte Verknüpfung – und sei’s nur mit dem Internet.
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Michael Hufnagl

Michael Hufnagl

Jeder Mensch braucht dann und wann ein bisschen Wüste, aber bitte mit WLAN.

von Gabriele Kuhn

über die Szenen einer Redaktionsehe.

Sie

In irgendeinem Buch übers Reisen hatte ich irgendwann das da gelesen: „Jeder Mensch braucht dann und wann ein bisschen Wüste!“ Auf den Mann nebenan umgelegt, müsste es allerdings so heißen: „Jeder Mensch braucht dann und wann ein bisschen Wüste, aber bitte mit WLAN.“ Doch der Reihe nach: Da waren wir also – sehr, sehr südlich – auf dieser Insel im Atlantik. Rund um mich leicht bekleidete Menschen, offensichtlich schon seit Längerem auf Entspannungsmodus – lächelnd, langsam, lustvoll. Herrlich.

Endlich nix tun!

Die Rezeptionistin reichte Erfrischungen und bat um unsere Pässe. Ich atmete durch: Yeah, endlich – nix tun! In diesem Moment nahm ich das Wippen des Hufnagl’schen Beins wahr, sein Blick irrlichterte. Schließlich wurden wir aufs Zimmer begleitet – uns offenbarte sich der weite Blick auf das blaue Meer. „Schatzi, schau, so schön“, rief ich verzückt. Doch das Schatzi war schon wieder auf dem Sprung: Das WLAN geht nicht. Ich muss mir einen Code dafür holen. Zurückgekehrt, schickte er Menschen aus aller Welt per WhatsApp-Fotos unseres Ausblicks und starrte auf das Smartphone, um nachzusehen, wie man global darauf reagieren würde. Ausgestattet mit einem Care-Paket an Codes schien er entspannter. Doch blöderweise reichte die Kraft des WLANs nicht bis zum Strand – also tat er, was er im Urlaub selten tut: Er bewegte sich! Genauer gesagt mutierte der Mann nebenan zum Pendler, der täglich mehrere Kilometer zurücklegte, nur um aktuelle Fußballergebnisse, aktuelle Golfergebnisse und aktuelle Blablaergebnisse aus der Heimat zu erfahren. „Stellen Sie sich bitte schon zu Reisebeginn darauf ein, dass vieles anders sein wird als zu Hause“, habe ich einmal in einem Reisekatalog gelesen. Nein, nicht mit dem Mann nebenan.

Twitter: @GabrieleKuhn

facebook.com/GabrieleKuhn60

Er

Ich kann sogar mit Leichtigkeit belegen, dass ich mich zwei Wochen lang bewusst aus den sozialen Netzwerken ausgeklinkt habe, um ja nicht Gefahr zu laufen, vom Strom der Nachrichten erfasst und hinfortgespült zu werden. Was ich hingegen sehr wohl tat, ist zweierlei. Zum einen hielt ich meinen (eh reduzierten) Mailverkehr aufrecht. Denn während die Liebste ihre edlen Angestellten-Fußerln stundenlang sorglos von Wellen umspielen lassen konnte, musste ich mich gelegentlich vom Sog der Selbstständigkeit erfassen lassen. Und zum anderen, ich gestehe, ist die Kenntnis ganz bestimmter Sportergebnisse für mich unverzichtbar. Spannend dabei ist, dass meine Frau auch nach dem ungefähr 61. gemeinsamen Urlaub noch immer nicht darauf verzichten kann, ob dieser Schrulligkeit pikiert die Kuhn’sche Augenbraue zu heben. Gerade so, als würde ich jedes Mal erwähnen, dass sie vermutlich sogar in Lava badend noch rufen würde: „Schon a bisserl frisch.“

Trophäe

Darüber hinaus hat sie wie so oft auch diesmal nur die halbe Wahrheit geschrieben. Dass sie nämlich Sätze formuliert wie „Sei nicht so kindisch und gib endlich her“, verschweigt sie. Ja, richtig grantig wird sie, wenn ich meine erst kurz zuvor eroberte WLAN-Code-Trophäe nicht augenblicklich an sie weiterreiche. Und noch grantiger wurde sie, als ich ihr in unserem Hotelzimmer zurief: „Bei dir eh alles okay, Schatzi, oder ist dir womöglich übel?“ Obwohl ich selbstverständlich ganz genau wusste, dass wir heuer justament auf dem Klo den mit Abstand besten Internet-Empfang hatten.

Unsere nächsten Auftritte: Lesung am 17. August im Thermalbad in Bad Fischau, Buchpräsentation von "Du machst michwahnsinnig" am 30. August auf der Wiener Summerstage.

Twitter: @MHufnagl

www.michael-hufnagl.com

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