Körberln und Kötbullar

Körberln und Kötbullar
Tatort Möbelhaus.Wenn ein Ausflug zu IKEA wie eine Paartherapie wirkt.
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Michael Hufnagl

Michael Hufnagl

Man schwitzt nicht nur körperlich, sondern verbal.

von Gabriele Kuhn

über die Szenen einer Redaktionsehe.

Sie

Der Verdacht, dass unsere Kolumne sogar in Los Angeles gelesen wird, erhärtet sich. Die dort ansässige Psychologin Ramani Durvasula macht nämlich derzeit mit dem Thema „Die Liebe in Zeiten von IKEA-Besuchen“ Schlagzeilen. Für ihre Interviews mit dem Wall Street Journal oder aber The Telegraph dürfte sie KURIER gelesen haben. Vielleicht war sie sogar heimlich in einem unserer Rabenhof-Abende? Jedenfalls offenbarte sie unter anderem folgendes: „Der Einkauf bei IKEA kann für Paare zum Horrortrip werden.“

Schwitzen

Nun ja. War ich noch vor einem Jahr auch dieser Meinung, halte ich das mittlerweile für übertrieben. Der Mann nebenan und ich hatten auch schon recht schöne gemeinsame Momente im schwedischen Möbelhaus – beim Verzehr von Lachs „danach“ nämlich. Außerdem bin ich längst der Meinung, dass ein gemeinsamer IKEA-Nachmittag reinigend wirkt. Man schwitzt nicht nur körperlich, sondern verbal. Salopp gesagt: Der Dreck kommt raus. Es ist noch nicht so lange her, da erfuhr ich nach vielen gemeinsamen Jahren ausgerechnet im Schatten eines IKEA-Handtuchhalters zum allerersten Mal, wie sehr ihn meine Art der Badezimmergestaltung rasend macht. Das klang so: „Es reicht – aus, Schluss. Ein einziges Dings noch und ich gehe für immer unter die Brücke. Dort muss ich nicht ununterbrochen mein Zahnbürsterl in einem deiner 50 Aufbewahrungskörberln Fryken unter 44 Tiegeln und 22 Tuberln hervorkramen. Um dann erst draufzukommen, dass du die Bürste weggeschmissen hast, weil sie nicht zu den Fliesen passte.“ Ich las die Wut in seinen Augen und mir war klar: Es muss was geschehen. Also entsorgte ich zwei, drei Tiegel und schuf ein 10 cm² großes Bubeneck in unserem Bad, ganz für ihn alleine. Mit silanisiertem Waschlappen und pflanzlicher Zahncreme für die zarten Beißerchen.

Twitter: @GabrieleKuhn

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Eine Psychologin, die Paaren rät, sich in der Streitfalle IKEA mit einem ganz bewussten Ziel

Möbelstücke zu kaufen, nämlich um beim (nächtlichen?) Bastelakt ein gemeinsames Abenteuer zu bestehen – die genieße zumindest ich mit Vorsicht. Denn wie sehr eheliches Brüten über dem Schraubensatz für Äpplarö-Gartenmöbel als therapeutisches Bindemittel anderen Menschen eine neue Dimension des Miteinanders eröffnet hat, weiß ich nicht. Sehr wohl weiß ich aber, dass ich von der Umsetzung dieser verbindenden Idee vermutlich so weit entfernt bin wie Kötbullar vom Steirereck.

Ruckzuck

Unlängst erst musste ich einen Jubiläums-Pax (ich glaube jedenfalls, dass es der zehnte meines Lebens war) mit verglasten Schiebetüren aufbauen. Ein Akt, der im Normalfall ruckzuck in dreizehn Stunden erledigt ist. Aber allein der Gedanke daran, dass mir die Liebste nach so vielen diesbezüglich untätigen Jahren wie aus heiterem Himmel weniger mit Tat, aber ganz sicher mit Rat zur Hand gehen könnte, erzeugte in mir ein sehr spezielles Kribbeln. Nicht etwa, weil sie als Kastenmeisterin ungeschickter als ich sein würde, sondern nur deshalb, weil sie grundsätzlich für alles einen anderen Plan hat als ich. Und ich mit hoher Wahrscheinlichkeit unter extremer Anspannung Bemerkungen wie „Auf dem Bild schaut das ganz anders aus!“ verarbeiten müsste. Als würde ich nicht auch so genug fluchen. Daher bevorzuge ich auch beim größten Schweden-Rätsel den Ego-Trip. Im Sinne lateinischer Wortklauberei: Pax, pacis – der Friede.

Twitter: @MHufnagl

www.michael-hufnagl.com

Das Buch: „Du machst mich wahnsinng“ (Amalthea). Die nächsten Paaradox-Auftritte: 6. Mai in der Stadtgalerie Mödling, 17. und 28. Mai im Wiener Rabenhof.

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