Hoch-Zeit für die Ballerei

Hoch-Zeit für die Ballerei
Finale. Die Wochen der Entscheidungen in den Stadien – ein eheliches Belastungsmatch.
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Michael Hufnagl

Michael Hufnagl

Derzeit sind Tage wie diese. Da leben wir in Parallelwelten.

von Gabriele Kuhn

über die Szenen einer Redaktionsehe.

Sie

Zum Satz „Man kann nicht nicht kommunizieren“ ( Paul Watzlawik) sage ich: Ja, das stimmt. Dies beweist „le Mann nebenan“, der mir auch ohne ein einziges Wort sehr umfassend vermitteln kann, wie sehr ich ihm gerade auf den Wecker gehe. Diese Art Nicht-Liebeserklärung kumuliert an gewissen Tagen. Tage, an denen sich sein Hirnstoffwechsel auf etwas fokussiert, das mit F anfängt und mit Doppel-L aufhört.

Hock around the clock

Nur so: Ich schreibe das F-Wort deshalb nicht aus, weil ich dann die neben mir liegende Packung Sportgummi auf einen Sitz frustessen müsste. Egal. Derzeit sind gerade wieder „Tage wie diese“. Da leben wir in Parallelwelten. Die gehen so: Nach dem „Hock-around-the-clock“-Prinzip lauert Coach Hufnagl nonstop vor dem Fernseher, und ärgert sich, weil die Männer auf dem Rasen nicht so tun, wie er meint, dass sie tun sollten. Und plötzlich, pfui: Auftritt Kuhn. Madame möchte reden. Ohne den Blick vom Bildschirm abzuwenden, sagt er: „Klar, wenn’s dich nicht stört, dass ich parallel schau’?“ Die Krux: Er schaut parallel zu parallel zu parallel. Heißt, dass es zum Fernseher noch einen lustigen Laptop gibt, mit dem er sich weitere aktuelle Partien in die Spielernatur streamt. Parallel dazu unterhält er sich mit meinem 27-jährigen Sohn per Handy über den Spielverlauf : „Dieser destruktive, unfaire Scheißkick darf nicht belohnt werden!“ „Irre, wie inferior Porto ist.“ „Ein Megadebakel in München.“ Irgendwo dazwischen versuche ich jenen Slot zu finden, in dem ich auch einmal was sagen darf. Und so kommt’s, dass ich auf die Frage, ob er schon eine Idee für den 10. Hochzeitstag hätte, folgende Antwort bekomme: „Na, bist du narrisch, war das geil.“ Und weil ich weiß, dass der Mann kein Hellseher ist, dämmert mir: Damit bin fix nicht ich gemeint.

Twitter: @GabrieleKuhn

Er

Manchmal bedauere ich es wirklich, dass meine Frau zwar sehr viel sehr gerne tut, aber letztendlich nix so derartig intensiv, dass sich alle Menschen in ihrer Umgebung regelmäßig an den Kopf greifen. Also ungefähr so wie jemand, den ich gut kenne, der sich zum Beispiel heute überlegt, wie er der Familie beibringen soll, dass er sich das Zweitligamatch zwischen Union Berlin und FC Ingolstadt ansehen will, weil es für den österreichischen FCI-Trainer Ralph Hasenhüttl dabei um den Aufstieg in die erste deutsche Liga geht. Heißt, es wäre mitunter eine willkommene Abwechslung, könnte ich mundwinkelhängend und augenrollend auf die völlig in ihrer Welt versunkene gnä’ Kuhn zugehen und Dinge sagen wie: „Schatz, ich weiß ja, dass du eine begeisterte Bastlerin bist, aber du sitzt jetzt schon seit Stunden da, um Topfuntersetzer, Obstkörbe und Lesezeichen aus geflochtenen Kordeln fertig zu machen. Magst nicht einmal mit mir an die frische Luft gehen?“

Kein Interesse

Ja, das wär’s. Denn dann könnte die gute Frau womöglich begreifen, welchen unschätzbaren Wert das Wuchtelwesen für mich besaß, besitzt und für immer besitzen wird. Und wie unmöglich es ist, so ganz spontan zu sich selbst zu sagen: Na gut, heute hat die Anna-Tant’ Geburtstag, und wir sind auf ein Jauserl geladen, da gönne ich meinem Interesse für den Schlager Arsenal – Chelsea gerne einmal ein Päuschen. Obwohl: Erst unlängst ließ ich Barcelonas Heimspiel gegen Almeria (und vier Tore!) sausen, weil meine Frau mit mir ein neues Lokal erkunden wollte. Und ich habe diesen Verzicht ihr gegenüber bewusst nicht einmal erwähnt. Stattdessen hatten wir einfach nur einen sehr gelungenen Abend. Also bitte Schluss mit diesen ewigen Übertreibungen! Apropos, nur zur Info: Anpfiff in Berlin ist heute um 13.30 Uhr.

Twitter: @MHufnagl

www.michael-hufnagl.com

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