Das Fleisch-Los

Das Fleisch-Los
Zum Ende der Fastenzeit dürfen ein paar gedankliche Gewürze nicht fehlen.
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Michael Hufnagl

Michael Hufnagl

Daher wird es wohl eine perfide Strategie meinerseits brauchen, um ihn indirekt in die Askese zu nötigen.

von Gabriele Kuhn

über die Szenen einer Redaktionsehe.

Sie

Heute ist der Tag, an dem viele Menschen nicht nur Ostern feiern, sondern die Tatsache, wieder so richtig reinhauen zu dürfen. Fastenzeit ade. Ich beneide diese Glücklichen – weil es ein tolles Gefühl sein muss, es a) geschafft zu haben und b) nach längerer Askese wieder zu schlemmen. Dieser Moment ist mir an der Seite des Mannes nebenan verwehrt. Der hat zum Thema Askese (s)eine These: Das ist nur was für Leute, die Yoga machen – und so. Was mit „und so“ gemeint ist, sagt er nicht. Dafür ist Folgendes fix: Gegessen wird, was auf den Tisch kommt – also viel. These Nr. 2: Das Leben ist so wertvoll wie ein kleines Steak und daher nicht mit Saftfasten zu vergeuden.

Rib-Eye-Dings

Während also viele unsere Freunde zumindest tageweise an Grünzeug, Luft, Liebe und Leitungswasser knabbern, bekomme ich von ihm im Stundentakt Fress-Wünsche per WhatsApp zugestellt: „Pfuh, ich brauche heute unbedingt deine legendären Fleischlaberln, war ein harter Tag. Rotwein ist dekantiert!“ Oder: „Schatz, ein mächtiges Rib-Eye-Dings liegt in meinen Händen und harrt deiner. Ein junger Weißer ist auch schon eingekühlt.“ Und täglich grüßt mein Schnabulier-Tier, das möglicherweise als Homo dauerfrissling in die Geschichte eingehen wird, Gemüse für einen Irrtum der Evolution hält und beim Wort Detox ein Leiden namens „Chlorophyllphobie“ vortäuscht. Nun, ich habe einen starken Willen – aber das schaffe ich nicht. Selbst wenn ich das Kochen nach dem Motto „Mach’s dir doch selbst, Darling“ an ihn delegieren würde – die Vorstellung mit knurrendem Magen dabei sein zu müssen, wie er mich schmatzend bittet, ihm die Butter zu reichen: sicher nicht. Daher wird es wohl eine perfide Strategie meinerseits brauchen, um ihn indirekt in die Askese zu nötigen (Psst: Flinke Herrenschneider, die Hosen diskret und effektiv enger nähen – bitte dringend bei mir melden!)

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Er

Also bitte, ehrlich, ich habe mich doch eh schon längst daran gewöhnt, dass gnä Kuhn gefühlte Stunden vor allem damit verbringt, tausend verschiedene Gemüsearten klein zu schneiden. Sagenhaft, welche Schätze die Natur produziert, die sich angeblich alle für den Verzehr eignen sollen (ich nenne dieses Zeitalter der verzichtbaren Küchenkreativität ja gerne das Karfioläum). Egal. Jedenfalls schmeißt die Gute dann das ganze G’sund mit ein paar Spurenelementen von Fleisch in die große gusseiserne Pfanne und kredenzt Mann und Kind ihr Lieblingsgericht „Allerlei an Reis“. Das ist in Ordnung und schmeckt dank feiner Gewürze oft auch ausgezeichnet. Dennoch werde ich wohl niemals ein echter Wokaholic.

Palatschinken

Den Fleischkonsum habe ich aber selbstverständlich längst massiv reduziert. Zumal ich mittlerweile auch nicht mehr zwingend nahezu stündlich mit Engagements für die Rolle des Jung-Siegfried rechne. Die Liebste übertreibt also und lässt auch die Tatsache, dass ich sogar selbst gelegentlich fleischlos koche, sehr gerne unter den Esstisch fallen. Zum Beispiel Palatschinken. Ich gebe zwar zu, dass ich die ohne Internet-Foren-Tipps nie geschafft hätte, aber sie waren am Ende genießbar. Meine Frau indes ist für solche Anleitungen oft einmal zu stolz. „Ich kann mich auf mein Bauchgefühl verlassen“, sagt sie mit Vor- und Selbstliebe. Was erst vor einigen Jahren dazu führte, dass wir ihre fingernagelgroßen Buchteln bei willhaben als Wurfgeschoße für exzessive Demonstranten anboten. Statt Süßspeisenexperimenten also doch lieber einen edlen Schinken. Frohe Ostern!

Twitter:@MHufnagl

www.michael-hufnagl.com

Neues Buch: „Du machst mich wahnsinnig“ (Amalthea-Verlag).

Neue Termine: Buchpräsentation am 25. April in Gmünd, Paaradox-Abend am 6. Mai in der Stadtgalerie Mödling.Paaradox im Rabenhof, 17. und 28. Mai.

Neue Homepage: www.paaradox.at

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