Hochdruck-Gebiet

Hochdruck-Gebiet
Outdoorsaison. Es ist wieder so weit. Einsatzbefehl für das beste aller Gartenspielzeuge.
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Michael Hufnagl

Michael Hufnagl

Küss die Hand, Herr Kärchermeister

von Gabriele Kuhn

über die Szenen einer Redaktionsehe.

Sie

Was wäre der Mensch ohne seine Rituale? Nein, falsch: Was wäre Homo Hufnagliensis ohne Rituale? Er wäre traurig, vermutlich sogar verloren in einem Universum, das nichts als Unsicherheit für ihn bereit hält. Aber so: sattes Glück. Weil er beinahe jeden Mittwoch rituell ins Sofa plumpsen kann, sich die TV-Fernbedienung grapscht, um irgendein Matcherl – Hauptsache Matcherl – einzuschalten. Das befreit ihn sichtlich, denn jetzt gilt die „Ganz-Ich-&-Ich-Devise“. Und dafür verschwindet der Mann nebenan in einen Kokon – seinen Kokon. In diesen „Ich bin zwar da, aber eigentlich weg“-Kokon. Dann pickt ein imaginäres Schild auf seinem Hirn, mit dem Text: „Achtung bissig – bitte nicht füttern, streicheln, ansprechen. Außer man reiche mir Bier.“

Mythisch

Dieses Tun ist nur durch das Hufnagl’sche Frühjahrsritual zu überbieten – eine einmalige, meist auf den April beschränkte Zeremonie. Die er durchführt, wenn alle weiblichen Wesen außer Haus sind und er sich diesen mythischen Vorgängen widmen kann. Geheim, gespannt, gefasst. Und: männlich. Zu diesem Zweck kleidet er sich erst aus, dann um. In einen dunklen Jogginganzug aus Baumwolle. Manchmal erwägt er einen Auftritt mit nacktem Oberkörper, doch meist sorgt er sich um sein sensibles Muskelspiel. Wo er doch schwitzen wird bei diesem Ritual – sehr sogar. Das ist dann auch jener Augenblick, in dem er zu seinen geliebten Ritual-Schuhen greifen wird – sehr verwitterte Flipflops, die in einem Kasten überwintern mussten. Auch ihr Moment ist jetzt gekommen. Nun atmet er tief ein und ebenso tief aus. Er schärft alle seine Sinne, fokussiert sich auf die ihm innewohnende Kraft. Und steigt hinab in den Keller, um sein wichtigstes Ritualutensil zu holen. Es ist so weit: Er darf endlich wieder kärchern.

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Er

Die einsetzende Gartensaison offenbart Jahr für Jahr, dass ich mir eines Alleinstellungsmerkmals sicher sein kann: Ich bin im Familienverbund mehrheitlich zuständig für die vielen niederen Dienste. Es ist ja kein Zufall, dass sich Schlepp auf Depp reimt. Dabei sehe ich mich gerne als Herkules, dessen unbändige Kraft das Paradies erst möglich macht. Meine Frau hat diesbezüglich einen etwas simpleren Zugang und betrachtet mich lediglich als Muli. Was Herkules und Muli in der Kuhnhufnagl’schen Mythologie jedenfalls gemeinsam haben: Ihre Bereitschaft, auf weiblichen Zuruf Oleander aus ihren Winterverstecken zu holen, Grabungsarbeiten und Entwurzelungswunder zu verrichten, sowie Säcke, Säcke und Säcke zu schultern. Während die Liebste mit Erde und Pflänzchen spielt und ihre bunten Fantasien verwirklicht, um – in ihrer Welt versunken – das Hohelied auf ihren grünen Daumen zu summen.

Rambo-Blick

Daher belohne ich mich nach der Schufterei und hole ihn, den König des Gartenspielzeugs, den Hochdruckreiniger meines Vertrauens. Dann singe ich „Küss die Hand, Herr Kärchermeister“ und lege los. Und offenbar muss ich bei der Dreck-Bekämpfung einen speziellen Rambo-Blick haben, andernfalls würde die Blumen-Gaby nicht immer die Augen verdrehen und mir zurufen: „Jetzt mach nicht jedes Mal so ein Theater!“ So etwas kann freilich nur jemand sagen, der noch nie dem einzigartigen Reiz des Düsentriebs erlegen ist. Heuer habe ich mit dem Wasserstrahl sogar ein Herz auf die Steinfliesen gezaubert. Als Depp mit Leidenschaft.

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Unser Buch: „Du machst mich wahnsinnig“ (Amalthea-Verlag).

Unsere nächsten Paaradox-Auftritte: 6. Mai, 20 h, in der Stadtgalerie Mödling, www.diestadtgalerie.at, 17. und 28. Mai im Wiener Rabenhof

Neue Homepage: www.paaradox.at

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