Fiese Fragen & andere Fallen

Fiese Fragen & andere Fallen
Rhetorik. Was sie sagt, was sie wirklich damit meint und was davon bei ihm ankommt
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Michael Hufnagl

Michael Hufnagl

Der klare Fall eines Osterzaunpfahls

von Gabriele Kuhn

über die Szenen einer Redaktionsehe

Sie

Fortbildung ist wichtig, auch in der Ehe. Daher lese ich Bücher, um fit für den „Mann nebenan“ zu sein: „Keine Angst, der will nur spielen“ oder „ Männerseelen. Ein psychologischer Reiseführer.“ Strategie ist alles!

Gespräche lenken, jawohl!

Dieser Tage habe ich mich mit dem Thema „Rhetorische Fragen“ beschäftigt. Ein Online-Kurs, eingeleitet mit dem Slogan „Wer fragt, der führt“. Musik in Muttis Ohren. Ich las weiter: Die Technik, Fragen zu stellen, ist ein probates Mittel, um ein Gespräch zu lenken, zu manipulieren, zu dominieren. Und das Gegenüber zum Nachdenken anzuregen. Jackpot. Weil ein Mann, der sein Hirnschmalz einsetzt, kleine Sachen selbst erledigen kann und daher bequem ist. Bei vielen rhetorischen Fragen schwingt übrigens ein Subtext mit – so kommen Kommandos geschmeidiger und er merkt nicht, dass das, was ich von ihm will, unter seiner Würde ist. Daher ergänze ich Anliegen gerne mit dem Nachsatz „Wenn du nicht magst, sag’s halt.“ Die wahre Botschaft dahinter: „Wehe, du sagst was!“ Mein Kommunikations-Darling ist aber das Dialektikon. Das ist eine Frage, auf die man keine Antwort erwartet. Für die sorge nämlich ich. So was ist im Beziehungsfall praktisch, weil: keine Diskussion, alles gesagt – Silenzio, Schatzi! Das ist mittlerweile meine bevorzugte Art, auf Kritik von ihm zu reagieren. Erst unlängst etwa, als er mit einem babyrosa Hemd herumwachelte und sich outrierte: Bitte, ein Wahnsinn! Du hast mein teuerstes Hemd gemeinsam mit deinen roten Flauschi-Socken in die Waschmaschine gestopft – jetzt schaut es aus wie ein Strampelanzug für eine Mini-Michelle! Daraufhin zog ich mein Rhetorik-Ass und sagte nur: „Machen wir nicht alle Fehler?“ Um milde lächelnd uns allen selbst zu antworten: „Na eben, Schatzi!“

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Er

Es ist in der Tat so, dass meine Frau die spezielle Eigenschaft besitzt, auf dem Boden neben ihrem Bett kleine Büchertürme zu errichten. Während auf meinem Nachttisch im Normalfall nur ein Roman zu liegen kommt, neigt sie zu jener Vielfalt, die sich auf einem einzigen Kasterl nie und nimmer ausgeht (u. a. , weil dort auch allerlei Steine, Cremen, Öle, Taschentücher und Teelichter gelagert werden müssen). Das hat aber nichts damit zu tun, dass sie als Leserin gerne über Auswahl verfügt. Stattdessen handelt es sich bei der Bücher-Installation um den Auswuchs eines Phänomens, das lautet: Multireading. Heißt: Sie liest allen Ernstes mehrere Bücher zur gleichen Zeit – gestern ein paar Seiten Thriller, heute ein paar Seiten Liebe, morgen ein paar Seiten Buddhismus. Schon allein der Gedanke an dieses Genre-Switchen macht mich nervös. Sie sagt dann gerne: „Ich lese eben das, wonach ich mich gerade fühle.“ Eh. Darauf jetzt näher einzugehen, erspare ich mir.

Komplimente

Ich wollte ja in Wahrheit nur festgehalten wissen, dass sich in diesem sonderbaren Lektüre-Potpourri auch so manches Ratgeber-Buch zum Thema Männerseele entdecken lässt. Sie behauptet zwar, dass sie die Werke der Lebenstipp-Teufel lediglich aus beruflichen Gründen liest, raunt mir aber dann doch gelegentlich Sätze zu wie: „Da steht, man soll seinem Mann im Alltag öfter Komplimente machen, weil das seiner Balance guttut. Lustig.“ Ich frage sie, a) was daran lustig sein soll, und b) wann sie wohl gedenkt, mit den Schmeicheleien endlich zu beginnen. Dann lacht sie herzlich. Und der kluge Ehemann weiß: Ein klarer Fall von rhetorischem Lachen.

Unsere nächsten Paaradox-Auftritte: 15. 4. in der Tischlerei Melk, 19. 4. im Schloss Großrußbach, 25. 4. im Wiener Rabenhof.

michael.hufnagl@kurier.at

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