Das „Trotzdem-Stück“

Guido Tartarotti

Guido Tartarotti

Eine „Jedermann“-Premiere ist immer auch eine Modenschau.

von Guido Tartarotti

über "Jedermann"

Vom Leben und Sterben des reichen Mannes handelt Salzburgs größte Sehenswürdigkeit, der „Jedermann“. Beides ist eher kurz: Eine Stunde dauert das Leben auf der Bühne, eine das Sterben. Dann dürfen die Zuschauer Salzburger Nockerln speisen gehen.

Bei der heutigen Premiere – es gibt zum ersten Mal nach langer Zeit wieder eine Neuinszenierung – werden wieder die Schönen und Reichen über den Domplatz paradieren. Eine „Jedermann“-Premiere ist immer auch eine Modenschau, ein Society-Event, ein Promi-Panoptikum. Es soll Persönlichkeiten gegeben haben, die absichtlich ein bisschen zu spät kamen, damit sie auch wirklich bemerkt wurden.

Interessant ist, zu beobachten, wie sie dann alle doch gepackt werden, spätestens, wenn die Glocken läuten und die „Jedermann“-Rufe dröhnen. „Jedermann“ ist ein „Trotzdem-Stück“, wie Salzburgs Schauspielchef Sven-Eric Bechtolf sagt. Bei aller Schlichtheit des Textes kann man sich ihm kaum entziehen, handelt er doch von der größten Zumutung: der eigenen Endlichkeit.

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